1888 – Joseph Bühlmann und Alexander Wagner, Das alte Rom mit dem Triumphzuge Kaiser Constantins im Jahre 312 n. Chr.

Das im Juli 1888 in München eröffnete Panorama-Rundgemälde erhebt den Anspruch, auf der Höhe der damaligen wissenschaftlichen Erkenntnisse eine Stadtansicht Roms zu rekonstruieren, wie sie sich im Jahr 312 geboten hätte. Beispiel für die epochensignifikante Kombination von panoramatischer und historistischer Perspektive. – Bernd Klöckener

Literatur / Quellen:

  • Kockel, Valentin: „‚Wissenschaft und Kunst sind, wie selten, eine glückliche Verbindung eingegangen‘. Das Rom-Panorama von Josef Bühlmann im Kontext des 19. Jahrhunderts“. In: Das antike Rom und sein Bild, hg. von Hans-Ulrich Cain, Annette Haug, und Yadegar Asisi, Berlin/Boston: De Gruyter 2001, S. 23–48

Weblinks:

🖙 Zeitgenössische Reproduktion

Schlagwörter: 360°, Ästhetik, Bauwerk, Bild, bildvisuell, Denkmal, Didaktik, faktual, fiktional, Gemälde, Gemälderundbau, Gesamtprojektion, geschlossen, Immersion, Medialpanoramatik, mimetisch, Panoramabild, Rundband, Rundbau, Unterhaltung, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1886 – Thomas Clarkson Gordon, Battle Scenes of the Rebellion

In seiner Heimatstadt Spiceland, Indiana, führt der autodidaktische Künstler und US-Bürgerkriegsveteran Thomas Clarkson Gordon im Dezember 1886 erstmals sein vertikales Moving Panorama vor. Dafür fertigt er von 1884–1886 zunächst zwölf Ölgemälde an, die einzelne Szenen des US-amerikanischen Bürgerkriegs, angefangen mit dem Angriff auf Fort Sumter bis hin zum Gefecht bei Appomattox, zeigen. Den Gemälden mit jeweils etwa 210 cm Höhe und 420 cm Breite folgen später drei weitere. Schließlich montiert Clarkson Gordon die insgesamt 15 Gemälde zu einer durchgehenden Leinwand aneinander. Außerdem konstruiert er für sein Moving Panorama einen Mechanismus aus Holz, an dem das Panoramagemälde befestigt wird und per Kurbel vertikal bewegt werden kann, wodurch die Konstruktion charakteristisch von der horizontalen Bewegungsrichtung der meisten Moving Panoramas abweicht, die im 19. Jahrhundert vorwiegend in englischsprachigen Ländern ihr Publikum erreichen. Typischerweise wird ein langes Rollbild mit Hilfe eines mechanischen Kurbelsystems über ein Fenster bewegt, wobei die Vorführung häufig von einem Vortragenden, Musik und teils auch Ton- und Lichteffekten begleitet wird. Im Gegensatz zu den standortfixierten Rundbild-Panoramen in den Großstädten sind Moving Panoramas ein im Doppelsinn bewegtes Medium und arbeiten mehr mit Narration und der Kombination verschiedener Ausdrucksformen als mit der Immersion in einen Ort oder ein Ereignis. Durch das Vorführdispositiv mit Vortragendem, Musikbegleitung und einem Rahmen, auf den sich der Blick der Betrachtenden richtet, erinnern Moving-Panorama-Vorführungen an das frühe Kino, speziell in Clarkson Gordons Fall auch schon mit Blick auf die Bewegungsrichtung der – hier allerdings noch unvergleichlich langsameren und unkadrierten – Bildabfolge. – Kaim Bozkurt

Literatur / Quellen:

  • Huhtamo, Erkki: Illusions in Motion. Media Archaeology of the Moving Panorama and Related Spectacles, Cambridge, MA: MIT Press 2013
  • Miller, Angela L.: „The Panorama, the Cinema and the Emergence of the Spectacular“. In: Wide Angle 18 (1996), H. 2, S. 34–69
Schlagwörter: Animation, Ästhetik, auditiv, Bild, bildvisuell, Denkmal, Didaktik, Event/Performance, faktual, fiktional, Gemälde, geordnet, Gesamtprojektion, Immersion, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Medientechnik, mimetisch, Moving Panorama, Text, Unterhaltung

1886 – Imperial Federation Map of the World Showing the Extent of the British Empire in 1886


Das British Empire auf dem Höhepunkt seiner Geltung als Weltmacht: „Karten wie die Imperial Federation Map sind erfüllt von einem europäischen Sendungsbewusstsein und dem daraus abgeleiteten universalen Machtanspruch. Gerade als Weltkarte macht sie deutlich, dass es im Verhältnis der europäischen zu außereuropäischen Ländern und Völkern nicht nur um ein reines Herrschaftsverhältnis ging, sondern um die Hierarchie einer ganzen Weltordnung.“ (Oswalt, Weltkarten – Weltbilder, S. 169). Das zeigt sich nicht zuletzt an der Tatsache, dass die Karte auf dem durch Greenwich/London gehenden Längengrad zentriert ist – zwei Jahre zuvor war die Einigung erfolgt, dass dies der für die Navigation und Zeitzählung international verbindliche Nullmeridian sein sollte. „Nicht mehr Jerusalem wie in vielen mittelalterlichen Weltkarten, sondern London/Greenwich war nun das neue Zentrum der Welt.“ (ebd., S. 176). – Bernd Klöckener

Literatur / Quellen:

  • Oswalt, Vadim: Weltkarten – Weltbilder. Zehn Schlüsseldokumente der Globalgeschichte, Stuttgart: Reclam 2015, S. 169–184

Weblinks:

🖙 Wikipedia

Schlagwörter: Bild, bildvisuell, Didaktik, Draufblick, faktual, Gemälde, Gesamtprojektion, Karte, Medialpanoramatik, mimetisch, Organisation, schematisch, Technik, textuell, Weltkarte, Wissenschaft, Zugleichspräsentation

1883 – Ernst Haeckel, Indische Reisebriefe

Am Ziel seiner Besteigung des Adams-Pik auf Ceylon reflektiert Haeckel das Verhältnis von kumulativem Erfahrungslauf und daraus kulminierender Panorama-Rund- wie -Rückschau, was ihn zu Mutmaßungen über die Verbindung von Naturpanorama- und Transzendenz-Erleben führt: „Weit interessanter und erhebender, als diese Andachtsübungen der Pilger und die Zeremonien der Priester, war für uns das großartige Panorama, das die unbeschränkte Aussicht von diesem isolierten Berggipfel darbietet. Mit einem Blick überschauen wir hier den größten Teil der immergrünen Insel, die in so vieler Beziehung zu den schönsten und merkwürdigsten der Welt gehört. Allerdings ist das Großartigste an unsrem Panorama gerade diese Vorstellung, und die Erinnerung an die tausend herrlichen und interessanten Bilder, mit denen unsre Streifzüge durch dies irdische Paradies uns bereichert haben. Indem wir hier den Schauplatz derselben von einem Punkte aus rings überschauen, durchfliegen wir gewissermaßen das Inhaltsverzeichnis des Skizzenbuches, das wir hier mit Feder und Pinsel gesammelt haben. […] Man lernt hier begreifen, wie diese isolierte Bergspitze der einigende Mittelpunkt andächtigen Gottesdienstes für mehrere ganz verschiedene Religionsformen werden konnte.“ (Haeckel, „Der Adams-Pik auf Ceylon“, S. 68). – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Haeckel, Ernst: „Der Adams-Pik auf Ceylon“. In: Deutsche Rundschau 37 (1883), H. 10, S. 53–70

Weblinks:

🖙 Projekt Gutenberg

Schlagwörter: 360°, Denkmal, Didaktik, Draufblick, Ekphrasis, faktual, Fernblick, Gesamtprojektion, Idealpanoramatik, Konzept/Idee, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Mythos/Religion, Naturpanorama, Realpanoramatik, symbolisch, Text, textuell, Unterhaltung, visuell, Zeitensynopse, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1883 – Sedan-Panorama

Das von Anton von Werner entworfene, 1883 zum Jahrestag der Schlacht von Sedan eröffnete Panorama zeigt (dem zeitgenössischen Programmheft zufolge) „jenen Moment der Schlacht bei Sedan am Nachmittage des 1. September 1870, zwischen eineinhalb und zwei Uhr, in welchem die französische Armee […] von dem linken Flügel der deutschen Armee […] umfaßt und auf das Plateau von Floing-Illy zurückgedrängt, den letzten verzweifelten Versucht macht, die preußischen Linien zu durchbrechen und eine Rückzugsstraße zu gewinnen.“ In dem dafür errichteten Gebäude am Berliner Alexanderplatz finden zudem drei Dioramen Platz, die weitere wichtige Ereignisse jenes Tages (bis zum Zusammentreffen zwischen Bismarck und Napoleon III) darstellen. Die Gesamtkosten betragen ca. 1 Mio. Goldmark. Eine ähnlich imposante Version mit eigenem Gebäude gibt es in Frankfurt am Main. – Stephan Klose

Literatur / Quellen:

  • Oettermann, Stephan: Das Panorama. Die Geschichte eines Massenmediums, Frankfurt am Main: Syndikat 1980, S. 204–211
  • Sternberger, Dolf: Panorama oder Ansichten vom 19. Jahrhundert [1938], Frankfurt am Main: Insel 1981, S. 11–21

Weblinks:

🖙 Sedan-Panorama Frankfurt

Schlagwörter: 360°, Ästhetik, Bild, bildvisuell, Denkmal, Didaktik, faktual, Gemälde, Gemälderundbau, Gesamtprojektion, geschlossen, Immersion, Medialpanoramatik, mimetisch, Panoramabild, Rundband, Rundbau, Unterhaltung, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

ca. 1883 – „Allwissender Erzähler“

Mit der Unterscheidung von „Allgegenwart und Allwissenheit des Dichters“ legt der Schriftsteller Friedrich Spielhagen (Spielhagen, Beiträge zur Theorie und Technik des Romans, S. 236) in seinem theoretischen Werk Beiträge zur Theorie und Technik des Romans eine Begriffsgrundlage für den vor allem im schulischen Gebrauch populären Terminus eines quasi-göttlichen „Allwissenden Erzählers“, der in der akademischen Narratologie ab Mitte des 20. Jahrhunderts – mit unterschiedlichen Akzenten – als „Auktoriale Erzählsituation“ (Stanzel) bzw. „Nullfokalisierung“ (Genette) konzipiert wird. Überall ist damit jedoch der (im praktischen Gebrauch bis in die Antike zurückgehende) Fall eines Erzählmodus markiert, der sich das Recht nimmt, die erzählerisch präsentierte Welt beliebig zu entwerfen, zu perspektivieren und zu modifizieren. Schärfer als gemeinhin üblich wäre dabei zwischen einer – tendenziell expliziten und (quasi-)zugleichspanoramatischen – Darbietung bzw. Behauptung manifester All- und Überschau und einer – tendenziell impliziten und verlaufspanoramatischen – Lizenz zur unlimitierten Bewegung durch ‚alle möglichen‘ lokal wechselnden Seinssphären und Perspektiven zu unterscheiden. – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Spielhagen, Friedrich: Beiträge zur Theorie und Technik des Romans, Berlin: L. Staackmann 1883

Weblinks:

🖙 Spielhagen
🖙 Martinez-Artikel Allwissendes Erzählen

Schlagwörter: Allwahrnehmung, Ästhetik, Blicktransparenz, Didaktik, Draufblick, Fernblick, fiktional, Gesamtprojektion, Idealpanoramatik, Konzept/Idee, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, mimetisch, Mythos/Religion, offen, symbolisch, Text, textuell, Überwachung, unbegrenzte Allheit, Unterhaltung, Utopie/Dystopie, Zeitensynopse, Zugleichspräsentation, Zugriffspräsentation

1881 – Jules Bourdais, Sonnensäule


Zum 100. Jubiläum der Französischen Revolution will die französische Regierung im Jahr 1889 einen gewaltigen Prestigebau errichten. Präsident Jules Ferry wünscht sich ein Wahrzeichen, das die französischen Großmachtansprüche verdeutlichen soll. Insgesamt werden 107 Vorschläge eingereicht, darunter neben Gustav Eiffels später realisiertem Eiffelturm ein Sonnenturm-Entwurf des Architekten Jules Bourdais und des Ingenieurs Amédée Sébillot. Ihre Idee besteht darin, einen riesigen Leuchtturm aus Stein in die Mitte von Paris zu bauen, die sogenannte Colonne Soleil (dt. Sonnensäule). Diese soll eine künstliche, elektrische Sonne schaffen, um die Nacht in Paris zu erhellen, und erinnert an eines der antiken Weltwunder: den Leuchtturm von Pharos. Der Turm soll 300 Meter hoch und mit vier Aufzügen ausgestattet sein, auf seiner Spitze soll eine 55 Meter hohe Sonnenlaterne leuchten. Dazu hat Bourdais die Idee, die Dächer der Häuser in Paris mit Spiegeln zu bestücken, damit das Licht der Laterne in jeden Winkel der Stadt reflektieren kann. Im dreieckigen Turmsockel möchte er ein Elektrizitätsmuseum einrichten, zugleich soll die Sonnensäule für wissenschaftliche Experimente genutzt werden. Gekrönt wird das Bauwerk durch einen Ring aus Sternen und eine geflügelte Statue, welche der Wissenschaft gewidmet ist. Diesseits aller Zeitgeistspuren in der Konzeption entfaltet Bourdais’ Vision durch ihre allüberragende Anlage und allüberstrahlenden Rundumsicht große panoramatische Leuchtkraft. Gleichwohl unterschätzen Konstrukteur und Architekt in ihren Planungen das enorme Gewicht der Sonnensäule. Statische Probleme und die gewaltigen Kosten hätten das Projekt selbst dann verhindert, wenn der Zuschlag für den Bau des neuen Pariser Wahrzeichens nicht an Gustave Eiffel und seinen Eiffelturm gegangen wäre. So gerät der Leuchtturm-Traum bald in Vergessenheit. – Jana Keim / Jakob Wallis

Literatur / Quellen:

  • Philouze Chatty, Claudine: Jules Bourdais (1835–1915): un ingénieur chez les architectes, Toulouse: Université Toulouse-Jean Jaurès 2016.

Weblinks:

🖙 Spiegel-Bildstrecke
🖙 TV-Doku

Schlagwörter: 360°, Ästhetik, Bauwerk, Denkmal, Didaktik, Draufblick, Fernblick, fiktional, Konzept/Idee, Medialpanoramatik, Medieninstallation, Mythos/Religion, Realpanoramatik, Rundbau, Skulptur, symbolisch, Technik, Überwachung, Unterhaltung, visuell, Wissenschaft, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1881 – Mesdag-Panorama


Das am 1. August 1881 eröffnete Rundgemälde des Marinemalers Hendrik Willem Mesdag zeigt die Ansicht der Küste von Scheveningen und den Blick auf Den Haag, gesehen von einer Düne aus, mit lebhaft bewölktem Himmel. Zwischen der hölzernen Besucherplattform und dem Rundgemälde befindet sich ein plastisches Faux Terrain, welches eine Dünenlandschaft simuliert. Das Gemälde ist 14,2 m hoch und 115 m lang. Auftraggeber ist ein belgisches Unternehmen, das bald bankrott geht. Mesdag erwirbt daraufhin sein eigenes Panorama und stellt es mit seinem Team fertig. Mit einer eigenen Firmengründung sorgen er und seine Frau dafür, dass das Panorama schließlich in dem eigens hierfür errichteten Rundbau in der Innenstadt von Den Haag fortbestehen kann. Es wird dort bis heute [2024] als eigenständiges Museum betrieben. Man betritt das Gebäude, gelangt durch einen Vorraum mit kleiner Gemäldegalerie in einen abgedunkelten Korridor und dann über eine hölzerne Wendeltreppe auf die Besucherplattform. Das Panorama bietet den verblüffenden Eindruck großer räumlicher Weite, zeigt sich an einigen Partien aber auch als Malerei (etwa bei den skizzenhaft bewegt wirkenden Dünengräsern). Es ist überliefert, dass Vincent van Gogh dieses Panorama besuchte. – Clara Wörsdörfer

Literatur / Quellen:

  • Veldink, Suzanne/Prins, Laura/Scheveningen u. a.: De Schilders Van Het Panorama Van Scheveningen, Den Haag: Museum Panorama Mesdag 2021

Weblinks:

🖙 Webseite Panorama Museum Den Haag

Schlagwörter: 360°, Ästhetik, Bauwerk, Bild, bildvisuell, Denkmal, Didaktik, faktual, Fernblick, Gemälde, Gemälderundbau, Gesamtprojektion, geschlossen, Immersion, Medialpanoramatik, mimetisch, Panoramabild, Rundband, Rundbau, Unterhaltung, Wimmelbild, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1881 – Bourbaki-Panorama

Vom Genfer Maler Edouard Castres angefertigtes Panorama-Rundbild, das im gleichnamigen Museum in Luzern ausgestellt wird. Es bildet eine Szene aus dem Deutsch-Französischen Krieg im Jahre 1871 ab und zeigt die ausgelaugte Bourbaki-Armee im Winter dieses Jahres. 87.000 französische Soldaten fanden damals Zuflucht in der Schweiz. Das Gemälde soll an das Elend des Krieges erinnern und zählt zu den europäischen Kulturdenkmälern. – Luca Angelo Bindi

Literatur / Quellen:

  • Oettermann, Stephan: Das Panorama. Die Geschichte eines Massenmediums, Frankfurt am Main: Syndikat 1980, S. 250 f.

Weblinks:

🖙 Virtueller Rundgang Bourbaki Panorama
🖙 Webseite des Museums

Schlagwörter: 360°, Ästhetik, Bauwerk, Bild, bildvisuell, Denkmal, Didaktik, faktual, Fernblick, Gemälde, Gemälderundbau, Gesamtprojektion, geschlossen, Immersion, Medialpanoramatik, mimetisch, Panoramabild, Rundband, Rundbau, Unterhaltung, Wimmelbild, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1881 – Gustave Flaubert, Bouvard et Pécuchet


In Flauberts letztem, knapp nach seinem Tod erschienenem Roman ackern sich die beiden Helden, zwei von ihrem jeweiligen Ebenbild begeisterte Kopisten, von denen einer erbt, auf ihrem bald erworbenen Provinzanwesen in der Normandie mit unbändigem Erkundungsdrang, doch stets ohne Fortune durch die ganze Welt des Wissens und der Künste. Als epochale Hohlspiegel panoramatischen Begehrens scheitern sie furios von Fachgebiet zu Fachgebiet und von Kapitel zu Kapitel. Nie bringen sie, die unverdrossen alles angehen und alles wollen, je etwas zu Ende. Nicht einmal Flaubert seinen Roman. Indes häuft er dabei ein „Copie“ genanntes, gigantisches Zitatenkonvolut des Weltwissens oder der Weltdummheit an, von dem Michel Foucault behauptet hat, auch Flauberts Roman selbst hätte schließlich darin eingehen müssen. – Johannes Ullmaier | Stefan Ripplinger

Literatur / Quellen:

  • Flaubert, Gustave: Bouvard und Pécuchet, Göttingen: Wallstein 2017
  • Foucault, Michel: „Sans titre“. In: Dits et écrits 1954–1988. I: 1954–1975, hg. von Daniel Defert und François Ewald, Paris: Gallimard 2001, S. 321–340, S. 340
Schlagwörter: Ästhetik, Buch, Didaktik, Enzyklopädie, faktual, fiktional, Gesamtkompendium, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, offen, Organisation, panoramatische Diskursform, schematisch, symbolisch, Technik, Text, textuell, Unterhaltung, Utopie/Dystopie, Wissenschaft