1808 – Johann Adam Breysig, Kosmotheater

Als utopischen Fluchtpunkt seiner voranstürmenden, in der praktischen Umsetzung aber vom Pech verfolgten theatertechnischen Reformbemühungen imaginiert der (auch als verspäteter Panoramaerfinder einschlägige) Medienpionier ein Kosmotheater, in dem All-Präsentation und Immersion verschmelzen: „Unter diesem Ausdrucke verstehe man ein Theater [,] in welchem alle Wirkungen der Natur und Kunst täuschend hervorgebracht werden; ein Pantheater, eine Weltschau, ein Universaltheater, in welchem sich alles bewegt und bey welchem nur die Umgebung (das Aeusserste) feststeht. / Eine solche Anstallt bestehet in der Vereinigung aller Theater, in welchem [sic] jede beliebige Schaustellung und jedes beliebige Schauspiel gegeben werden kann. / Ein (vorher beschriebenes) Autokinesitheater kommt ihr am nächsten bey der Ansehung der Einrichtung. Ein solches Theater macht alle Arten von Theater überflüssig, eben weil es der Inbegriff aller Theater ist.“ (Breysig, „Ueber den Bau, die Maschinerie und Mahlerey des Theaters [1806]“, S. 153). In der Realität brannte das erst am 29.4.1808 eröffnete Königsberger Neue Schauspielhaus, in dem Breysig einige seiner Bühnenrevolutionen eindrucksvoll implementieren konnte, schon am 1.7. nach nur wenigen Vorführungen ab. (Krengel-Strudthoff, „Eine vergessene Bühnenreform“, S. 55 f.) Bis zur Einführung elektrischer Beleuchtung bleibt die Lichtregie für geschlossene immersive Medien praktisch und ästhetisch ein Problem. – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • In blauer Ferne. Von der Kulissenbühne zum Königsberger panoramischen Theater. Schriften zur Bühnenreform von Johann Adam Breysig (1766–1831), hg. von Ingeborg Krengel-Strudthoff und Rudin Bärbel, Wiesbaden: Harrassowitz 1993, S. 142–206
  • Krengel-Strudthoff, Ingeborg: „Eine vergessene Bühnenreform: Johann Adam Breysigs Weg zur Szenographie des Königsberger Neuen Schauspielhauses“. In: In blauer Ferne. Von der Kulissenbühne zum Königsberger panoramischen Theater. Schriften zur Bühnenreform von Johann Adam Breysig (1766—1831), hg. von Ingeborg Krengel-Strudthoff und Bärbel Rudin, Wiesbaden: Harrassowitz 1993, S. 9–66

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Schlagwörter: 360°, Allwahrnehmung, Ästhetik, audiovisuell, auditiv, Bauwerk, bildvisuell, Blicktransparenz, Didaktik, Event/Performance, faktual, Fernblick, fiktional, Gesamtkompendium, Gesamtprojektion, haptisch, Idealpanoramatik, Immersion, Inhaltspanoramatik, Konzept/Idee, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Medieninstallation, Medientechnik, mimetisch, Moving Panorama, Panorama-Beschreibung, Rahmenexpansion, Rundbau, schematisch, symbolisch, Technik, Text, textuell, Unterhaltung, Zeitensynopse, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1798 – F. Schlegel, Universalpoesie

Unter der Bezeichnung „Progressive Universalpoesie“ formuliert Friedrich Schlegel die frühromantische Programmatik panoramatischer Allausweitung und Totalsymbiose. Im 116. Athenäums-Fragment fordert er die (Wieder-)Vereinigung bzw. Vermischung aller Gattungen dahingehend, dass die künftige Universalpoesie nicht nur alle poetischen Gattungen des traditionellen Gattungssystems integrieren und verschmelzen, sondern auch alle weiteren Subsysteme der Kunst sowie alle Bereiche des realen Lebens umfassen solle. – Kira Gass | Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Schlegel, Friedrich: Kritische Ausgabe seiner Werke, Bd. Ii, Paderborn/Zürich: Ferdinand Schöningh/Thomas Verlag 1967

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Schlagwörter: Ästhetik, DICHTKUNST, faktual, fiktional, Idealpanoramatik, Konzept/Idee, Mythos/Religion, offen, PHILOSOPHIE, ROMANTIK, symbolisch, Text, textuell, unbegrenzte Allheit, Unterhaltung, Wissenschaft

1797 – Jean Paul, Das Kampaner Tal

In der finalen 507. Station von Jean Pauls neuplatonischer Idylle wird – in metaphorischer Exemplifikation der vorangegangenen Gespräche über kosmologische und metaphysische Weltentwürfe – ein Ballonaufstieg imaginiert: „Und nun zogen uns die Sonnen empor. Die schwere Erde sank wie eine Vergangenheit zurück – Flügel, wie der Mensch in glücklichen Träumen bewegt, wiegten uns aufwärts – die erhabene Leere und Stille der Meere ruhte vor uns bis an die Sterne hin – wie wir stiegen, verlängerten sich die schwarzen Waldungen zu Gewitterwolken und die beschneieten beglänzten Gebirge zu lichten Schneewolken – die auftreibende Kugel flog mit uns vor die stummen Blitze des Mondes, der wie ein Elysium unten im Himmel stand, und in der blauen Einöde wurden wir von einem gaukelnden Sturm gleichsam in die nähere schimmernde Welt des Mondes geblendet gewiegt … und dann wurd’ es dem leichtern Herz, das hoch über dem schweren Dunstkreis schlug, als flatter’ es im Äther und sei aus der Erde gezogen, ohne die Hülle zurückzuwerfen.“ (Jean Paul, Sämtliche Werke, 4. Bd., S. 625). Am Ende steht gleichwohl die Rückkehr auf die Erde. – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Jean Paul: Sämtliche Werke, Darmstadt: WBG 2000

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🖙 Wikipedia

Schlagwörter: Ästhetik, Buch, Didaktik, Draufblick, Ekphrasis, Fernblick, fiktional, Idealpanoramatik, Konzept/Idee, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Mythos/Religion, Naturpanorama, Panorama-Beschreibung, Panoramaflug, panoramatische Erzählung, Realpanoramatik, symbolisch, Text, textuell, Unterhaltung, visuell

1796–1797 – Jean Paul, Rede des toten Christus

Im ersten der dem zweiten Buch von Jean Pauls zweibändigem Roman Blumen-, Frucht- und Dornenstücke oder Ehestand, Tod und Hochzeit des Armenadvokaten F. St. Siebenkäs im Reichsmarktflecken Kuhschnappel angehängten Blumenstücke mit dem vollen Titel Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab, daß kein Gott sei findet sich die visionäre Schilderung einer negativen Allschau, deren Kernpassage lautet: „Christus fuhr fort: Ich ging durch die Welten, ich stieg in die Sonnen und flog mit den Milchstraßen durch die Wüsten des Himmels; aber es ist kein Gott. Ich stieg herab, soweit das Sein seine Schatten wirft, und schauete in den Abgrund und rief: ›Vater, wo bist du?‹ aber ich hörte nur den ewigen Sturm, den niemand regiert, und der schimmernde Regenbogen aus Wesen stand ohne eine Sonne, die ihn schuf, über dem Abgrunde und tropfte hinunter. Und als ich aufblickte zur unermeßlichen Welt nach dem göttlichen Auge, starrte sie mich mit einer leeren bodenlosen Augenhöhle an; und die Ewigkeit lag auf dem Chaos und zernagte es und wiederkäuete sich.“ (Jean Paul, Sämtliche Werke, 2. Bd., S. 273) – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Jean Paul: Sämtliche Werke, Darmstadt: WBG 2000

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🖙 Wikipedia Roman

Schlagwörter: Allwahrnehmung, Ästhetik, Blicktransparenz, Buch, Didaktik, Draufblick, Ekphrasis, Fernblick, fiktional, Gesamtprojektion, Idealpanoramatik, Inhaltspanoramatik, Konzept/Idee, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Mythos/Religion, offen, Panoramaflug, panoramatische Erzählung, symbolisch, Text, textuell, unbegrenzte Allheit, Unterhaltung

1787 – Karl Philipp Moritz, All-Skalierungskonzeption in Über die bildende Nachahmung des Schönen

Während er im Rahmen einer gesamtweltgenetischen Herleitung der Ästhetik – und hier konkret im Zuge einer psychologisch vertieften Paragone – um den Nachweis der Überlegenheit der Literatur gegenüber der Bildenden Kunst bemüht ist, schafft Karl Philipp Moritz eine Formulierung, deren Wortlaut sich wie ein intermediales Allgemeinprogramm panoramatischer All-Registratur und -All-Präsentation ausnimmt: „Der Horizont der tätigen Kraft aber muß bei dem bildenden Genie so weit, wie die Natur selber, sein: das heißt, die Organisation muß so fein gewebt sein, und so unendlich viele Berührungspunkte der allumströmenden Natur darbieten, daß gleichsam die äußersten Enden von allen Verhältnissen der Natur im Großen, hier im Kleinen sich nebeneinander stellend, Raum genug haben, um sich einander nicht verdrängen zu dürfen.“ (Moritz, „Über die bildende Nachahmung des Schönen [1787/88]“, S. 972). Der Kern des ästhetischen Verfahrens wird hier aufgefasst als die Herunterskalierung einer (nominell) unbegrenzten und beliebig detaillierten Weltauffassung in eine möglichst kleine, in sich geschlossene und der humanen Perzeption (nominell) verlustfrei angepasste Medienform. – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Moritz, Karl Philipp: „Über die bildende Nachahmung des Schönen“ [1787/88]. In: Werke in zwei Bänden. Band 2: Popularphilosophie/Reisen/Ästhetische Theorie, hg. von Heide Hollmer und Albert Meier, Frankfurt am Main: Deutscher Klassiker Verlag 1997, S. 958–991

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🖙 Digitalisat

Schlagwörter: Allwahrnehmung, Ästhetik, Didaktik, faktual, fiktional, Gesamtprojektion, geschlossen, Idealpanoramatik, Konzept/Idee, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Medientechnik, Mikropanoramatik, mimetisch, Panorama-Diskurs, schematisch, symbolisch, Text, textuell, unbegrenzte Allheit, Wissenschaft, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1785 – Friedrich Wilhelm Herschel, Über den Bau des Himmels

Nach seiner Ausbildung zum Musiker und einer kurzen Zeit als Militärmusiker übersiedelt der in Hannover geborene Friedrich Herschel (1738–1822) im Jahr 1757 nach England und wird unter wesentlicher Mithilfe seiner bald nachgekommenen Schwester Caroline (1750–1848) zu einem der wirkreichsten All-Panoramatiker der Astronomiegeschichte. In Bath als Organist und Orchesterleiter tätig, beginnt er in den 1770er-Jahren, inspiriert von der privaten Lektüre musiktheoretischer und astronomischer Schriften, sein im Wesentlichen autodidaktisch vorangetriebenes Projekt einer möglichst vollständigen Erfassung und Erklärung aller sichtbaren Himmelserscheinungen. Zu diesen Zweck fertigt er, vor allem nach seiner endgültigen Niederlassung in Slough im Jahr 1785, selbst immer größere Spiegelteleskope an. Unter seinen zahlreichen bahnbrechenden Entdeckungen – etwa des Planeten Uranus oder der Situierung unseres Sonnensystems innerhalb der Milchstraße (vgl. Herschel, Über den Bau des Himmels, S. 94) – ragt in panoramatischer Hinsicht die genauere Erfassung und differenzierte Neudeutung jener Himmelskonstellationen hervor, die dem freien Auge als Nebel erscheinen. Gerade hier liefern seine Veröffentlichungen, deren Bedeutung in Fachkreisen bald erkannt wird, quintessentielle Verschriftlichungen einiger der ungeheuersten Erfahrungen realfundierter panoramatischer Blickvertiefung und -erweiterung, die Menschen je gemacht haben. Besonders eindrücklich etwa in seiner Schrift Über den Bau des Himmels (Herschel, Über den Bau des Himmels, S. 71–108), wo es in zeitgenössischer Übersetzung heißt: „Das Gesicht unseres Beobachters wird so begrenzt seyn, als befasse diese einzelne Sammlung von Sternen, wovon er selbst nicht den tausendsten Theil gewahr wird, alles was der gesammte Himmel in sich hat. Verstatten wir ihm nun den Gebrauch eines gemeinen Fernrohrs, so fängt er an zu muthmaßen, daß die ganze Milchweiße des hellen Streifs, der die hohle Kugel umringt, wohl von Sternen herrühren möge. Er bemerkt einige Sternhaufen in mancherley Gegenden des Himmels, und findet, daß es auch dort eine Art von Nebelflecken giebt; sein Blick ist jedoch noch nicht so erweitert, um das Ende der Schichte abzusehen, in welcher er eine solche Stellung hat, daß es ihm vorkommt, als gehörten diese Zonen zu demjenigen System, welches, wie ihm deucht, alle und jede himmlische Gegenstände in sich faßt. Nun verstärkt er seine Sehkraft, und indem er sich einer genauen Beobachtung befleißiget, findet er, daß die Milchstraße in der That nichts anders, als eine Sammlung von sehr kleinen Sternen sey. Er wird gewahr, daß jene Gegenstände, welche Nebelflecke hießen, augenscheinlich nichts anders als Sternhaufen sind. Er sieht ihre Anzahl immer mehr und mehr anwachsen, und wenn er einen Nebelfleck in Sterne auflöset; so entdeckt er zehn neue, die er nicht auflösen kann.“ (77–78) – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Herschel, Friedrich W.: Über den Bau des Himmels. Abhandlungen über die Struktur des Universums und die Entwicklung der Himmelskörper 1784–1814, Thun/Frankfurt a. Main: Verlag Harri Deutsch 2001
Schlagwörter: (Aus-)Faltung, Ästhetik, Bauwerk, Bild, bildvisuell, Diagramm, Draufblick, Ekphrasis, Enzyklopädie, faktual, Fernblick, Gesamtarchiv, Gesamtdiagramm, Gesamtkompendium, Gesamtprojektion, Großtableau, Idealpanoramatik, Karte, Konzept/Idee, Medialpanoramatik, Medientechnik, mimetisch, Naturpanorama, Panoramabild, Rahmenexpansion, Rundbau, schematisch, Speicher, symbolisch, Tabelle, Technik, Text, textuell, visuell, Weltkarte, Wimmelbild, Wissenschaft, Zeichnung, Zugleichspräsentation, Zugriffspräsentation

1782 – Eye of Providence


Das in der ägyptischen und christlichen Ikonografie und auf Freimaurer-Wappen vielfach präfigurierte Allsehende Auge gelangt auf die Rückseite des offiziellen Dienstsiegels der USA. Dort thront es auf einer Pyramide, die sich in ähnlichem Baustadium befindet wie Bruegels Babelturm. – Johannes Ullmaier

Weblinks:

🖙 Wikipedia

Schlagwörter: 360°, Allwahrnehmung, Bauwerk, Bild, bildvisuell, Draufblick, Fernblick, Idealpanoramatik, Konzept/Idee, Medialpanoramatik, Mythos/Religion, Organisation, Rundbau, Rundbild, symbolisch, Text, Überwachung, unbegrenzte Allheit, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1694 – Wörterbuch der Académie française


In zwei Bänden veröffentlicht die Académie française ihr Wörterbuch mit dem Ziel, die Reinheit der französischen Sprache zu konservieren. Bereits seit der Akademiegründung im Jahr 1634 besteht das Vorhaben, ein Wörterbuch sowie eine Grammatik, eine Poetik und eine Rhetorik zu verfassen, um so eine präskriptive Übersicht über die französische Sprache zu schaffen und klare Regeln für diese zu definieren. Seit 1639 finden – zunächst unter Führung des Philologen Claude Favre de Vaugelas, der den Begriff des bon usage (übers. „guter Gebrauch“) maßgeblich prägte – Arbeiten am Wörterbuch statt. Dessen Gegenstand bildet die gemeine französische Sprache, wie sie von den „honnestes gens“ – den ehrbaren Leuten – und von großen Literaten gebraucht wird. Auf diese Weise sollen einerseits veraltete, nicht mehr gebräuchliche Begriffe getilgt und andererseits im Alltag (der gesellschaftlichen Oberschicht) gebräuchliche Wendungen, die dem Ideal einer noblen und eleganten Ausdrucksweise entsprechen, in einem standardsetzenden Gesamtwerk zusammengetragen werden (vgl. Popelar, Akademiewörterbuch, S. 6). Aufgrund ihrer Orientierung am Sprachgebrauch französischer Poeten, Autoren und Philosophen schafft die Académie française nicht nur einen Überblick über die zu dieser Zeit wahrgenommene Vollkommenheit der Sprache, sondern auch ein Kompendium des kulturellen Erbes Frankreichs (vgl. Souffi, Le Dictionnaire de l’Académie française, S. 174) mit Gesamtvertretungsanspruch.  Im Anschluss an die erste Auflage des Akademiewörterbuchs erscheinen in den darauffolgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten weitere Editionen – zuletzt die neunte Auflage mit zwei Bänden in den Jahren 1992 und 2000. Mit Anbruch des Internetzeitalters erhält die Académie française auch eine eigene Homepage, auf der das Wörterbuch in den frühen 2000er-Jahren online zugänglich gemacht wird. – Lena Reuther

Literatur / Quellen:

  • Popelar, Inge: Das Akademiewörterbuch von 1694 – das Wörterbuch des Honnête Homme?, Tübingen: Niemeyer 1976.
  • Souffi, Samuel: „Le «Dictionnaire de L’Académie française»;: entre bon usage et culture“. In: Voix et voies de la lexiculture en lexicographie, hg. von Jean Pruvost, Paris: Didier Erudition Klincksieck 2009, S. 155–176.

Weblinks:

🖙 Website Académie française

Schlagwörter: Ästhetik, Buch, Didaktik, Enzyklopädie, faktual, geordnet, Gesamtarchiv, Gesamtkompendium, Idealpanoramatik, Medialpanoramatik, schematisch, Speicher, Text, textuell, Wissenschaft, Zugriffspräsentation

1690 – Ewiger Julianischer Kalender aus Graubünden


Allgemein stellvertretend für die Kulturtechnik des Ewigen Kalenders, der die jahresübergreifende Bestimmung aller Wochentage und ggf. wichtiger Festtermine erlaubt, präsentiert sich das graubündener Diagramm – gleich vielen historischen Realisationen bis in die Sowjetzeit hinein – speziell in kompass-artig geschlossener Rundform. Einen noch weiteren, weil kalenderreformübergreifenden Ausblick auf die Wochentagsfolge in Vergangenheit wie Zukunft bietet dagegen das (wie das Eintragsbeispiel im betreffenden Wikipedia-Artikel/Stand 2024) dokumentierte Zeilen/Spalten-Diagramm von Karl Nimtsch, das den Julianischen und den Gregorianischen Kalender synthetisiert. – Johannes Ullmaier

Weblinks:

🖙 Abbildung
🖙 Wikipedia

Schlagwörter: Bild, bildvisuell, Diagramm, Didaktik, faktual, geordnet, Gesamtdiagramm, Idealpanoramatik, Medialpanoramatik, Mikropanoramatik, offen, Organisation, Rundband, Rundbild, schematisch, textuell, Universalchronik, Zeitensynopse, Zugleichspräsentation, Zugriffspräsentation

1679 – Athanasius Kircher, Turris Babel


In drei Büchern konzipiertes Werk des jesuitischen Gelehrten Athanasius Kircher. Ursprünglich im Jahre 1679 in Amsterdam mit mannigfaltigen Illustrationen publiziert und dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Leopold I. gewidmet, liefert es in den ersten zwei Büchern naturwissenschaftlich-mathematische Erklärungsansätze zur hypothetischen Fragestellung, ob mit den vorhandenen Ressourcen, sowohl hinsichtlich der Arbeitskräfte sowie des Rohstoffvorkommens, die Erbauung des Turmes möglich gewesen wäre, wohingegen das dritte eine kulturwissenschaftlich-linguistische Analyse der sogenannten Sprachverwirrung in Folge des Turmeinsturzes enthält. Während Kircher im ersten Buch mithilfe einer simplifizierenden Rechnung die für die Erbauung potenziell zur Verfügung stehende Population der Nachkommen von Noah nach der Sintflut bis zu dessen Urgroßenkel Nimrod berechnet und dabei auf eine Bevölkerungsanzahl von 24.380.000.000 kommt, bildet die im zweiten Buch durchexerzierte Kalkulation einen phantastischen Höhepunkt panoramatischer Spekulation: Demnach sei das zur Zeit der Erbauung benötigte Rohstoffvorkommen auf der Erde gar nicht vorhanden gewesen, und selbst wenn, so hätte der Turm mit seinem Gewicht den gesamten Erdkreis in seiner geozentrischen Position aus dem Gleichgewicht und somit das Weltgefüge zum Kollaps gebracht. Damit untermauert Kircher quasi mathematisch die Darstellung in der Genesis. Signifikanter als dieser kanonkonforme Befund erscheint indes der groteske szientistische Aufwand, mit dem die Vergeblichkeit des panoramatischen Turmbau-Begehrens – wenige Jahre vor Newtons Philosophiæ Naturalis Principia Mathematica (1687) – offenbar bereits erwiesen werden muss, anstatt gemäß dem biblischen Bericht einfach geglaubt zu werden. – Gabryel Greco

Literatur / Quellen:

  • Kircher, Athanasius: Turris Babel Sive Archontologia [1679], Saarbrücken: Fines Mundi 2022

Weblinks:

🖙 Wikipedia
🖙 Westfalen Museum digital

Schlagwörter: Bauwerk, Bild, bildvisuell, Buch, Denkmal, Didaktik, fiktional, Idealpanoramatik, Inhaltspanoramatik, Konzept/Idee, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Mythos/Religion, Organisation, Rundbau, symbolisch, Technik, Text, textuell, Unterhaltung, Zugleichspräsentation