Der auf wahren Begebenheiten basierende Kriminalfilm (dt. Der Frauenmörder von Boston, USA 1968, R: R. Fleischer) erzählt etwa 35 % seiner Laufzeit anhand eines geteilten Bildschirms. Bis zu zwölf autarke Bilder werden im Film als Felder nebeneinander montiert. Häufig sind die geometrischen Bildfelder dabei asymmetrisch positioniert, unterschiedlich groß und getrennt von schwarzen Rändern und Flächen. Neben der konventionellen filmischen Darstellung eines Telefonats im Splitscreen, wie sie seit der Stummfilmzeit üblich ist, erzeugt die Fragmentierung des Bildes Spannungsmomente und ermöglicht eine multiperspektivische, gleichzeitige Darstellung einer oder mehrerer Situationen. In einer ausgedehnten Montage- und Splitscreen-Sequenz, beginnend mit einer Szene, in der eine Frau vermutlich verfolgt und misstrauisch wird, teilt sich das Bild in fünf verschiedene Panels und zeigt in jedem jeweils eine verängstigte Bewohnerin Bostons. Dabei entsteht das Stimmungsbild einer panischen Stadt und kollektiver Hysterie, welches multiperspektivisch vermittelt und gleichzeitig nebeneinander in einem Filmbild inszeniert wird. Der Film verweist intermedial durch die gleichzeitige Darstellung von Produktion und Rezeption im Splitscreen auf das Fernsehen und stellt die mentalen Bilder des dissoziativen Täters dar. So entsteht eine allschau-diegetische Gleichzeitigkeit von verschiedenen Topografien, Modi und Fokalisierungen in einem hyperrealen Bild. – Kaim Bozkurt
Literatur / Quellen:
- Mauer, Roman: „Mensch / Bild / Teilung. Split Screen als Ästhetik der Dissoziation“. In: Kritische Berichte 41 (2013), H. 1, S. 25–36, S. 25–36
- Scherer, Thomas: „‚One camera can’t show you that much‘“. In: Split-screens als Formen multiperspektivischen Sehens. (Dis)Positionen Fernsehen & Film, hg. von Miriam Drewes und et al., Marburg: Schüren 2016, S. 138–144, S. 138–144
- Wulff, Hans J.: „Split Screen: Erste Überlegungen zur semantischen Analyse des filmischen Mehrfachbildes“. In: Kodiaks/Code 14 (1991), H. 3/4, S. 281–290, S. 281–290
