1668 – John Wilkins, An Essay Towards a Real Character And a Philosophical Language


Eigentlich will John Wilkins, erster Sekretär der nachmals berühmten Royal Society of London for Improving Natural Knowledge, ‚nur‘ eine Universalsprache entwerfen – und zwar keine aposteriorische, auf bestehenden Sprachen aufbauende (wie etwa sehr viel später das Esperanto), sondern eine apriorische, am Reißbrett konstruierte. Allerdings erfordert der Anspruch, dass die Ordnung dieser Sprache derjenigen der Sachen eins zu eins entsprechen solle, ‚zunächst einmal‘ die Mühe, sämtliche Sachen zu ordnen, einschließlich der nicht-dinglichen und der nicht-existierenden. Folgerichtig ist das Herzstück von Wilkins’ über 600 Folioseiten füllendem Essay eine riesige ausfaltbare Tabelle, also das syn-optische – um nicht zu sagen: panoramatische – Medium par excellence, das Michel Foucault nicht umsonst als Leitmedium der ‚Episteme der Repräsentation‘ ausgemacht hat (wobei unverständlich ist, warum er Wilkins in Les mots et les choses nur einmal kurz erwähnt, obwohl das Buch mit Borges’ Aufsatz über dessen Essay (1942) einsetzt; vgl. Foucault, Les mots et les choses, S. 7 und sonst nur 104, Anm. 1). Auf einen Blick auszumachen ist auf dieser Tabelle beispielsweise, warum der Adler Zeba heißen muss: Z für seine Zugehörigkeit zu den Tieren, e für das dritte von vier Genera innerhalb der Tiere (die Vögel im Unterschied zu blutleeren Tieren, den Fischen und den ‚Beasts‘), b für seine Zugehörigkeit zur ersten Differenz unter den Vögeln (den fleischfressenden), a, weil er in dieser Klasse die erste species bildet. Und wenn es kein Adler, sondern ein Geier wäre, der als die wilde Variante zum Adler gilt, hieße er, um diesen Unterschied zu markieren, Zebas. Weil aber noch die Arbitrarität dieser lateinischen (bzw. in einem Exemplar griechischen) Buchstaben zu überwinden ist, ergänzt Wilkins seine Universalsprache um eine Universalschrift, eben die Real Characters, mit denen alles, was es gibt (oder nicht gibt), auf ein ihm angeblich genau entsprechendes Set von Strichen und Häkchen gebracht wird. – Robert Stockhammer

Literatur / Quellen:

  • Foucault, Michel: Les mots et les choses: Une archéologie des sciences humaines, Paris: Gallimard 1966
  • Wilkins, John: An Essay Towards a Real Character and a Philosophical Language [1668], Reprint, Menston: Scolar 1968
Schlagwörter: Buch, Diagramm, Didaktik, Enzyklopädie, faktual, geordnet, Gesamtdiagramm, geschlossen, Idealpanoramatik, Konzept/Idee, Medialpanoramatik, Medientechnik, Organisation, schematisch, symbolisch, Technik, Text, textuell, unbegrenzte Allheit, Wissenschaft, Zugriffspräsentation

1667 – John Milton, Paradise Lost


Ausgehend von einer relativ schmalen biblischen Textgrundlage unternimmt das Versepos Paradise Lost des englischen Dichters John Milton (1608–1674) eine heilsgeschichtlich grundierte Gesamtweltschau mit zahlreichen zeitgeschichtlichen Verweisen. 1667 zunächst in zehn Büchern, 1674 in einer zweiten, endgültigen Fassung in zwölf Büchern erschienen, erzählt das Werk die Geschichte vom Sündenfall sowie die Vorgeschichte Satans und dessen Auflehnung gegen Gottes Kosmos. Dispositorisch wird die Darstellung der Allmacht Gottes, die den Mittelteil beherrscht, von der einführenden Beschreibung Satans und seiner Hölle (Pandämonium) sowie der abschließenden Suche der Menschen nach dem göttlichen Heilsplan gerahmt. Dadurch erscheint die hierarchische göttliche Ordnung in ihrer Universalität episch eingefasst und in ihrer gesamten Verlaufslogik von der Erschaffung des göttlichen Kosmos über den Sündenfall und die Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradies bis hin zur Apokalypse ausgebreitet. Darüber hinaus wird in nicht-biblischen Episoden die säkulare Lebenswelt beleuchtet und in zahlreichen Exkursen ein breites Tableau damaligen Wissens vermittelt. So bietet das Werk nicht nur eine universale Ausdeutung der christlichen Glaubensgeschichtsphilosophie, sondern auch ein episches Großgemälde der menschlichen Wissens- und Schicksalsgeschichte gemäß der puritanischen Weltsicht des 17. Jahrhunderts, ferner eine phänotypische Allschau-Formulierung: „Now had the almighty Father from above, / From the pure empyrean where he sits / High throned above all highth, bent down his eye, / His own works and their works at once to view.“ (III, S. 56–59). – Nina Cullmann

Literatur / Quellen:

  • Milton, John: Paradise Lost [1667], London: Penguin 2003
  • Lessenich, Rolf: „Milton, John“. In: Metzler Lexikon Weltliteratur, hg. von Axel Ruckaberle, Stuttgart: J. B. Metzler 2006, S. 452–455, S. 452–455

Weblinks:

🖙 Kindlers Literatur Lexikon

Schlagwörter: Allwahrnehmung, Ästhetik, Buch, Didaktik, Ekphrasis, fiktional, Gesamtkompendium, Idealpanoramatik, Inhaltspanoramatik, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Mythos/Religion, panoramatische Erzählung, symbolisch, Text, textuell, Unterhaltung

1663 – Justus Georg Schottelius Ausführliche Arbeit von der Teutschen HaubtSprache


Erster Anlauf zu einem vollständigen Regelkompendium der deutschen Sprache auf 1500 Druckseiten. Als überbietende Fortführung seiner eigenen Teutschen Sprachkunst aus dem Jahre 1641 von Schottel über Jahrzehnte kompiliert und kumuliert, erhebt die Ausführliche Arbeit den Anspruch, die gesamte deutsche Sprache abzubilden. Analog zur fortgeschrittenen historischen Entwicklungsstufe, die er im Englischen oder Französischen bereits erreicht sieht, möchte er sie aus der unvermittelten Vielfalt ihrer Dialekte, die er dazu gleichwohl miterfasst, zu einer einheitlichen Hochsprache ausformen. – Hannah Bartölke

Literatur / Quellen:

  • Schottelius, Justus Georg: Ausführliche Arbeit Von der Teutschen HaubtSprache, Braunschweig: Zilliger 1663

Weblinks:

🖙 Digitalisat

Schlagwörter: Buch, Denkmal, Didaktik, faktual, geordnet, Gesamtarchiv, Gesamtkompendium, geschlossen, Idealpanoramatik, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, schematisch, symbolisch, Text, textuell, Wissenschaft, Zugriffspräsentation

1658 – Johann Amos Comenius, Orbis Pictus. Die Welt in Bildern


Über Jahrhunderte meistverbreitetes Schulkompendium des jeweiligen Weltcurriculums, durchgängig in Bild und Text vermittelt. Universales Prüfungswissen von Gott bis zum Insekt. – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Comenius, Johann Amos: Orbis sensualium pictus, Dortmund: Harenberg Kommunikation 1978

Weblinks:

🖙 Wikipedia

Schlagwörter: Bild, bildvisuell, Buch, Diagramm, Didaktik, Enzyklopädie, faktual, geordnet, Gesamtkompendium, geschlossen, Idealpanoramatik, Karte, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Organisation, schematisch, symbolisch, Tabelle, Technik, Text, textuell, Zugriffspräsentation

1619 – Johann Valentin Andreae, Reipublicae Christianopolitanae descriptio


Prä-panoptische Stadtstaats-Utopie inklusive panoramatischer Stadtansicht; christliche Präfiguration eines zentralistischen Überwachungsarchitektur-Begehrens, das sich hier chronologisch wie epochal deutlich vor der Aufklärung zeigt, mit der es seit Foucaults Bentham-Diskurs oft starr assoziiert wird. – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Andreae, Johann Valentin: Christianopolis, Stuttgart: Reclam 1975

Weblinks:

🖙 Wikipedia

Schlagwörter: 360°, Bauwerk, Bild, bildvisuell, Buch, Didaktik, Draufblick, fiktional, Gesamtprojektion, geschlossen, Idealpanoramatik, Konzept/Idee, Medialpanoramatik, Mythos/Religion, Organisation, Rundbau, schematisch, symbolisch, Text, textuell, Überwachung, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

ca. 1530 – Giulio Camillo, Gedächtnistheater

In eigentümlicher Verknüpfung von antik-rhetorischer Mnemotechnik – insbesondere des ‚Ablegens‘ von zu Erinnerndem in einer Ortsstruktur – sowie renaissance-synkretistischer Hermetik ersinnt Giulio Camillo (ca. 1480–1544) ein Weltgesamterfassungsschema mit dem „ungeheueren Anspruch, […] das Universum durch einen Blick von oben, von den ersten Ursachen her, als ob er Gott wäre, in Erinnerung [zu] behalten.“ (Yates, Gedächtnis und Erinnern, S. 137). Auf diese Art könne „der Mikrokosmos […] den Makrokosmos ganz verstehen.“ (ebd.). Zwar bleibt eine bauliche Realisation seines Konzepts, das als aufsteigendes Halbrund-Theatrum gedacht ist, dem reisenden Gelehrten zeitlebens versagt, doch kann er Besuchern einen zimmergroßen Prototyp vorführen. Im Theaterbild entspricht die Anordnung sieben jeweils siebenreihigen Tribünensektoren, in denen aber nicht wie sonst das Publikum Platz findet, sondern sich Himmelskörper, Mythologeme, Sinnbilder, Elemente, Künste und Realien auf wundersame Weise zueinanderfügen, während die allüberschauende Instanz vorn auf der (statt wie sonst zuunterst) hier zuoberst imaginierten Bühne steht – mit Zentralblick wie von einer späteren Panorama-Plattform. (Yates, Gedächtnis und Erinnern, S. 381–392) Mangels Betriebspraxis gerät Camillos Gedächtnistheater jedoch bald in Vergessensheit. – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Yates, Frances A.: Gedächtnis und Erinnern. Mnemonik von Aristoteles und Shakespeare. [OA: The Art of Memory. 1966], 5. Aufl., Berlin: Akademie Verlag 1999, S. 123–149
  • Camillo, Giulio: L’idea del theatro con L’idea dell’eloquenza, il De Transmutatione e altri testi inediti, Milano: Adelphi 2015

Weblinks:

🖙 Wikipedia Camillo (IT)
🖙 Wikipedia Theater (IT)

Schlagwörter: Bauwerk, bildvisuell, Denkmal, Diagramm, Didaktik, Draufblick, Enzyklopädie, faktual, fiktional, geordnet, Gesamtarchiv, Gesamtdiagramm, geschlossen, Großtableau, Halbrundband, Idealpanoramatik, Konzept/Idee, Medialpanoramatik, Medieninstallation, Mikropanoramatik, Mythos/Religion, Organisation, Rundbau, schematisch, symbolisch, Tabelle, textuell, unbegrenzte Allheit, Wissenschaft, Zeitensynopse, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation, Zugriffspräsentation

ca. 1460 – Buchillustration von Gott im und als Himmelsauge

Einleitungsbild zu einer Handschrift von Die sieben Weltalter, repräsentiert in Sphärenringen schematisch auch die sieben Weltzeitalter. – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Berger, Klaus/Beinert, Wolfgang/Wetzel, Christoph u. a.: Bilder des Himmels. Die Geschichte des Jenseits von der Bibel bis zur Gegenwart, Freiburg i. B.: Herder 2006, S. 144
Schlagwörter: Allwahrnehmung, Bild, bildvisuell, Blicktransparenz, Buch, Diagramm, Didaktik, Draufblick, Fernblick, Gesamtdiagramm, Gesamtprojektion, Idealpanoramatik, Medialpanoramatik, Mythos/Religion, schematisch, symbolisch, Text, Überwachung, unbegrenzte Allheit, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1308 – Raimundus Lullus, Ars brevis

Über mehrere Jahrzehnte hinweg entwickelt der mallorcinische Gelehrte Raimundus Lullus (Ramon Llull) seine Ars combinatoria oder Ars magna: einen philosophisch-theologischen Kalkül, der „die Beantwortung aller Fragen, vorausgesetzt, was man überhaupt wissen kann, ist formulierbar im Begriff“ (Künzel/Bexte, Allwissen und Absturz, S. 34), ermöglichen soll. Am wirkmächtigsten wird die unter dem Titel Ars brevis (1308) bekannte Version. Ernst Bloch hat das damit verfolgte Programm in Das Prinzip Hoffnung so charakterisiert: „Die Lullische Kunst wollte […] eine Anleitung geben zur Auffindung des an jedem Gegenstand kategorial Bestimmbaren, wissenschaftlich Unterscheidbaren, Verbindbaren, Beweisbaren. Und die Hoffnung des Lullus eben war: die Kombinationsmaschine des Wissens umzirkelt und erschöpft jede überhaupt nur sinnvoll mögliche Abwandlung der Erkenntnis. Sie demonstriert buchstäblich ad oculos, dergestalt, daß der Wißbegierige die erzrationalistische Ableitung der Einzelbestimmungen aus Ideen auch sehen, nicht nur einsehen kann.“ (Bloch, Das Prinzip Hoffnung, S. 2/761) – Bernd Klöckener

Literatur / Quellen:

  • Bloch, Ernst: Das Prinzip Hoffnung, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1974
  • Künzel, Werner/Bexte, Peter: Allwissen und Absturz. Der Ursprung des Computers, Frankfurt am Main/Leipzig: Insel 1993
  • Lullus, Raimundus: Ars brevis [1308], Hamburg: Meiner 2001

Weblinks:

🖙 Deutsches Historisches Museum

Schlagwörter: (Aus-)Faltung, Buch, Diagramm, Didaktik, faktual, geordnet, geschlossen, Idealpanoramatik, Inhaltspanoramatik, Konzept/Idee, Laufpräsentation, Mythos/Religion, offen, Organisation, panoramatische Diskursform, schematisch, symbolisch, Technik, Text, textuell, unbegrenzte Allheit, visuell, Wissenschaft, Zeichnung, Zugleichspräsentation, Zugriffspräsentation

1307–1320 – Dante, La divina commedia


Das von formaler Strenge in Zahl und Maß geprägte epische Großgedicht des italienischen Dichters Dante Alighieri (1265–1321) umfasst 14.000 Verse. Vom Ende her wird dort die Geschichte des nach einer Verirrung im Wald die drei Jenseitsreiche durchschreitenden Wanderers Dante erzählt. Dieser beginnt am Karfreitag des Jahres 1300 mitten in einer Schaffenskrise einen Großparcours, der ihn bis zum tiefsten Punkt der Hölle und dann wieder hinauf bis ins Paradies führt, wo ihn Gott und seine unerreichte Liebe Beatrice empfangen. In einer laufpanoramatischen Bewegung von unten nach oben erkundet das erinnerte Ich zusammen mit dem Dichter Vergil als zeitweiligem Lotsen zunächst die Vor- und die eigentliche Hölle (inferno), die neun Kreise enthält und einem Trichter ähnelt. Danach wird der aus acht Terrassen bestehende Läuterungsberg bzw. das Fegefeuer (purgatorio) beschritten. Dieser Pfad führt – zunehmend lichtvoll – immer näher zum Himmelreich (paradiso), das Dante schließlich erreicht. Es besteht aus neun Himmelssphären und wird vom empyreum gekrönt, in dem sich die Schar der geretteten Seelen tummelt. Mit Dantes Bitte um die Gnade, die Trinität sehen zu dürfen, und der darauffolgenden Gottesschau finden sowohl das Gedicht als auch die Schaffenskrise des geläuterten Dichters ihr Ende. Nicht nur aufgrund der formalen Struktur und Handlungsanlage als Lauf durch alle Transzendenzregionen, sondern auch inhaltlich zeigt die divina commedia einen panoramatischen Zug, insofern in ihr zahlreiche bekannte Figuren unterschiedlicher Seinsmodi und Epochen auftreten und alle wesentlichen Glaubenssätze und Debatten der Zeit umfassend diskutiert werden. – Nina Cullmann

Literatur / Quellen:

  • Dante Alighieri: La Commedia secondo l’antica vulgata, Florenz: Le Lettere 1994
  • La Salvia, Andrian: „Dante Alighieri“. In: Metzler Lexikon Weltliteratur, hg. von Axel Ruckaberle, Stuttgart: J. B. Metzler 2006, S. 351–354, S. 351–354

Weblinks:

🖙 Kindlers Literatur Lexikon
🖙 Wikipedia

Schlagwörter: Ästhetik, Buch, Didaktik, Ekphrasis, fiktional, geordnet, Gesamtkompendium, Gesamtprojektion, Idealpanoramatik, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Mythos/Religion, panoramatische Erzählung, symbolisch, Text, textuell, Unterhaltung

ca. 1300 – Heinrich von Neustadt, Wundersäule im Apollonius von Tyrlant


Apollonius von Tyrlant ist ein deutschsprachiger mittelalterlicher Roman, der auf einer spätantiken lateinischen Vorlage beruht. Darin wird eine Wundersäule beschrieben (12871–12917; 13535f.; 13574–13576; 14299–14305), die sich in dem sagenhaften Land Crisa befindet. Die Säule ist achteckig und wird mit einem hellen Kristall oder mit einem strahlenden Diamanten verglichen. Ihre magische Fähigkeit besteht darin, dass man dort das sehen kann, woran man denkt. Der Erfassungsradius des Spiegels ist räumlich nicht begrenzt: Man kann Ereignisse und Menschen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Landes sehen. Die Wundersäule zeigt aber nur das, was gerade im Moment geschieht. Das heißt, eine zeitliche Begrenzung ist vorhanden. Um in dem Spiegel das Abbild einer Person zu sehen, muss der Betrachter gezielt erfahren wollen, was diese im Moment tut. Die Wundersäule ist also sehr eng an die Gesinnungen und Absichten des Subjekts gebunden. Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass kein Dritter sehen kann, was der Spiegel dem anderen zeigt. Der Zugang zur Wundersäule ist begrenzt: In den Spiegel kann nur schauen, wer die Tugendproben besteht oder magische Mittel hat, sie umzugehen. Das Land Crisa, in dem sich die Wundersäule befindet, wird als Utopie dargestellt: Es gibt dort keinen Tod und kein Leiden, sowohl Menschen als auch Verhältnisse sind beständig. Die Säule projiziert jedoch Abbilder der realen Welt, die unvollkommen und transitorisch ist. In dieser frühen Übertragungsmedienfiktion kristallisiert sich der Kontrast zwischen der beständigen Utopie und der veränderlichen Wirklichkeit. – Sofya Sinelnikova

Literatur / Quellen:

  • Störmer-Caysa, Uta: „Übersicht und Einsicht. Wundersäulen und Weltspiegel in mittelalterlichen Texten“. In: Alles im Blick. Perspektiven einer intermedialen Panoramatik, hg. von Roman Mauer, Johannes Ullmaier, und Clara Wörsdörfer, Wiesbaden: Springer 2025, S. 109–144.
  • Heinrich von Neustadt: Heinrichs von Neustadt „Apollonius von Tyrland“ nach der Gothaer Handschrift. „Gottes Zukunft“ und „Visio Philiberti“ nach der Heidelberger Handschrift, , 2. Aufl., Dublin/Zürich: Weidmann 1967.
Schlagwörter: Bauwerk, Blicktransparenz, Buch, Ekphrasis, faktual, Fernblick, fiktional, Idealpanoramatik, Konzept/Idee, Medialpanoramatik, Medieninstallation, Medientechnik, mimetisch, Mythos/Religion, offen, Rahmenexpansion, Skulptur, Technik, Text, textuell, Überwachung, Unterhaltung, Utopie/Dystopie, visuell, Zugriffspräsentation