2010 – Infinitypool des Marina Bay Sands Hotels (Singapur)

Infinitypools (auch als ‚Überlaufpools‘ oder ‚Unendlichkeitsbecken‘ bekannt) sind seit Jahren ein beliebtes architektonisches Feature. Durch die besondere Bauweise des Pools ändert sich sowohl der Blick als auch die Perspektive der Schwimmenden auf die räumliche Umgebung. Designziel ist eine optische Illusion des Unendlichen. Dies wird durch eine abgesenkte Kante des Beckens ermöglicht, über die das Wasser kontinuierlich in eine außenliegende Überlaufrinne strömt. Von dort aus wird es in den Kreislauf des Pools zurückgeführt. Diese Bauweise erzeugt die visuelle Illusion, dass der Pool keine Begrenzung habe. Zudem integrieren sich Infinitypools häufig durch ihre spiegelnde Oberfläche in die umliegende Landschaft und liegen demgemäß bevorzugt an erhöhten Orten wie Hügeln, Klippen oder Dächern. Dadurch scheinen sie direkt mit der Umgebung zu verschmelzen, seien dies Wassermassen wie das Meer oder ein See, oder seien es Berge oder der Himmel. So oder so ermöglichen Infinitypools einen freien Blick und lassen Schwimmende das umliegende Panorama – etwa von Großstädten wie Singapur – genießen. Die Gestaltung ohne sichtbare Kanten lenkt den Blick nicht ab und eröffnet eine ungehinderte Aussicht. Dies verstärkt das Gefühl, Teil der Umgebung zu sein.

Um 2025 befindet sich der wohl bekannteste Infinitypool auf einer Dachterrasse, welche als Brücke dient und die drei Türme des 2010 eröffneten Marina Bay Sands Hotels in Singapur verbindet. Das Schwimmbecken liegt im 56. Stock auf knapp 190 Metern Höhe, misst 146 Meter Länge und ist somit zugleich das weltgrößte Außenschwimmbad in solcher Höhe. Gleichwohl gibt es im Dubaier Adress Beach Resort seit 2021 einen noch ca. 100 Meter höher gelegenen Infinitypool, der vom ebendort gelegenen Burj-Khalifa-Wolkenkratzer allerdings seinerseits um mehrere hundert Meter überragt wird. – Nele Schön / Lena-Maria Weiß

Weblinks:

🖙 Hotel-Website Singapur
🖙 Pool-Website Dubai

Schlagwörter: 360°, Ästhetik, Bauwerk, Blicktransparenz, faktual, Fernblick, geschlossen, Halbrundband, haptisch, Immersion, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Medientechnik, offen, Rahmenexpansion, Realpanoramatik, Skulptur, Unterhaltung, visuell, Zugleichspräsentation, Zugriffspräsentation

2009 – Digitales 3D-Kino, Avatar

Stereoskopische Fotografie gibt es zwar schon in der präkinematografischen Zeit des 19. Jahrhunderts, und auch kurze Phasen mit 3D-Film-Vorstößen begleiten die Filmgeschichte seit ihren Anfängen. Doch erst mit dem Erfolg des Fantasyfilms Avatar – Aufbruch nach Pandora (USA 2009, R: J. Cameron) und den darauffolgenden 3D-Blockbustern der 2010er-Jahre setzt sich das 3D-Kino nachhaltig durch und wird zu einem kontinuierlichen Angebot in Multiplexkinos. Anfang 2012 gehören neben Avatar fünf weitere 3D-Filme zu den zehn Filmen mit den weltweit höchsten Einspielergebnissen. Zur Perfektion der räumlichen Wirkung und der Projektion ist für den 3D-Film technisch eine weitreichende Digitalisierung der Filmproduktion und der Vorführstätten nötig. Umgekehrt sorgen 3D-Filme durch ihre Popularität auch für einen Digitalisierungsschub der Kinos. Die panoramatische Wirkung des Breitwandbildes wird im 3D-Film durch die Staffelung des Sichtfeldes in die Tiefe gesteigert, wodurch es orthogonal aus der zweidimensionalen Fläche des Filmbildes hinauszuragen scheint und den immersiven Effekt verstärkt. Ende der 2010er-Jahre flaut die Dominanz der 3D-Filme jedoch wieder ab. – Johannes Noss

Literatur / Quellen:

  • Wegener, Claudia/Jockenhövel, Jesko/Gibbon, Mariann: 3D-Kino. Studien zur Rezeption und Akzeptanz, Wiesbaden: Springer 2012, S. 21–44

Weblinks:

🖙 Wikipedia

Schlagwörter: Animation, Ästhetik, audiovisuell, Bild, bildvisuell, Blicktransparenz, Didaktik, fiktional, Film, Gesamtprojektion, Immersion, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Medientechnik, mimetisch, Rahmenexpansion, schematisch, Technik, Unterhaltung

2009 – Radom auf der Wasserkuppe

Das ehemalige militärische Sperrgebiet bietet mit dem 60 m langen Rundlauf um die Kuppel einen einzigartigen Panoramablick, mit einer Reichweite von mehr als 100 km, über das „Land der offenen Fernen“ im Dreiländereck von Hessen, Bayern und Thüringen. Am 26. Juni erklärt das Hessische Landesamt für Denkmalpflege das Radom zum Kulturdenkmal und gibt Hessens höchsten, auf einer Höhe von 960 m in der Rhön gelegenen Aussichtspunkt für die Öffentlichkeit frei. Ein typisches Beispiel für die Kulturalisierung lokaler Höchstlagen zum ‚Panoramablick‘, sei es – wie hier – aus ehemaligen Funktionszusammenhängen heraus, sei es – wie am markantesten bei Fernsehtürmen – parallel zur laufenden Nutzung oder sei es – wie bei Aussichtsplattformen, etwa Desert View am Grand Canyon – zur Bezeigung ‚sehenswerter‘ Naturausblicke. Der Aussichtspunkt ist der erblickte Überblick. – Maureen Seyfarth | Johannes Ullmaier

Weblinks:

🖙 Website

Schlagwörter: 360°, Ästhetik, Bauwerk, Denkmal, Didaktik, Draufblick, faktual, Fernblick, Medialpanoramatik, Naturpanorama, Organisation, Realpanoramatik, Rundband, Rundbau, Technik, Unterhaltung, visuell, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

2007 – Alexander Pechmann, Die Bibliothek der verlorenen Bücher

In seinem Werk schildert der österreichische Schriftsteller, eingebettet in eine fiktive Rahmenhandlung, eine Bibliothek, die all jene Werke der Weltliteratur enthalten und verzeichnen soll, die dem leichtsinnigen Umgang, der Rigorosität von Zensur, den Flammen, der Unzufriedenheit oder Schreibblockaden zum Opfer gefallen und mithin nicht verwirklicht worden sind, so dass sie gegenwärtig nur fragmentarisch als vage Vorstellung und Erinnerung existieren. Der Ich-Erzähler führt durch die Säle dieser ausschließlich in der Romanwelt bestehenden Bibliothek und gewährt einen selektiven Einblick in das Gesamtkompendium verlorener Schriften – die Autoren reichen von Lord Byron über Admiral Zheng He bis zu Thomas Mann – sowie die Umstände ihres Verlustes. Als fiktives Komplement aller konkret verhinderten Bücher zur bislang nie verwirklichten, aber real möglichen Universalbibliothek aller je erschienenen Bücher einerseits sowie als realliteraturhistorische Konkretion der abstrakt-imaginären Bibliotheken bloß kombinatorisch imaginierter Buchuniversen bei Laßwitz und Borges andererseits füllt Pechmanns Werk eine weitere Lücke im Spektrum buchpanoramatischer Vollständigkeitsfantasien. – Violetta Xynopoulou | Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Pechmann, Alexander: Die Bibliothek der verlorenen Bücher, Frankfurt am Main: Schöffling & Co. 2023

Weblinks:

🖙 Deutschlandfunk Kultur 

Schlagwörter: Ästhetik, Buch, Denkmal, Didaktik, fiktional, Gesamtarchiv, Gesamtkompendium, Idealpanoramatik, Konzept/Idee, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, offen, Speicher, symbolisch, Text, textuell, Unterhaltung

2006 – Wien City Panoramas 360°

Breitbildband mit weit ausklappbaren Panorama-Stadtansichten von Wien, hier stellvertretend nicht nur für diese Panorama-Buchserie, die auch Bände zu Berlin, Augsburg, Amsterdam etc. umfasst, sondern für die anhaltende Konjunktur dieser auf den ersten Blick anachronistischen Printgattung insgesamt. Ebenso einschlägig, wenn auch ohne Aufklappseiten, etwa Reinhard Mandls gleichfalls breitformatiges Wien. Gestern und heute (2019), das die Doppelseitigkeit der Buchform als epochenvergleichs-panoramatischen Splitscreen nutzt und markante Wiener Stadtansichten jeweils im direkten 100-Jahres-Abstand einander gegenüberstellt. – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Weiler, Werner/Neubauer, Helga/Vorbeck, Wolfgang: Wien City Panoramas 360, Auckland / New Zealand: NZ Visitor Publications 2006
  • Mandl, Reinhard: Wien. Gestern und heute, Berlin: Eisengold 2019
Schlagwörter: (Aus-)Faltung, 360°, Ästhetik, Bild, bildvisuell, Buch, Denkmal, faktual, Fernblick, Foto, Gesamtprojektion, Großtableau, Leporello, Medialpanoramatik, mimetisch, Panoramabild, Rahmenexpansion, Text, Überbreite, Unterhaltung, Zeitensynopse, Zugleichspräsentation

2006 – Katharina Gaenssler, Aufnahmen des Ein-Zimmer-Appartements eines Cineasten und Viellesers

In 2700 Einzelaufnahmen erfasst Katharina Gaenssler von 13. bis 22. März 2006 den gesamten Wohnraum eines Einzimmer-Appartements. Der Bewohner hat diesen so gut wie vollständig mit Spuren seines Lebens und seiner kulturellen Erfahrungen bedeckt und so eine Art Daseins- und Rezeptions-Eigen-Panorama teils gestaltet, teils entstehen lassen. Die Fotoinstallation, die den erfassten Raum rundum nachbildet, wird in der Barbara Gross Galerie in München ausgestellt. Das zugehörige Buchobjekt präsentiert die 2700 Fotografien auf 2700 Seiten. – Johannes Ullmaier | Nina Cullmann

Literatur / Quellen:

  • Gaenssler, Katharina: Staircase, Buchobjekt 2015
  • Gaenssler, Katharina: TXT IMG, Leipzig: Spector Books 2015, S. 662

Weblinks:

🖙 Website Gaenssler 0605 (GROSS) B Buchobjekt
🖙 Website Gaenssler 0605 (GROSS) W 

Schlagwörter: 360°, Ästhetik, Bild, bildvisuell, Buch, Denkmal, faktual, Foto, Gesamtarchiv, Gesamtkompendium, Gesamtprojektion, geschlossen, Medialpanoramatik, Medieninstallation, Mikropanoramatik, mimetisch, Realpanoramatik, schematisch, Speicher, Überwachung, Zeitensynopse, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

2005 – 5D-Kino

Versuch einer alle Sinne umfassenden immersiv-mimetischen Totalisierung des traditionellen 3D- bzw. Duftkinos durch haptische Stimulationen im Kinosaal, die dem Publikum vor allem mittels aufwändig präparierter Kinositze verabreicht werden. Nach Erstvorstellungen 2005 in Wien und Linz ab 2006 auch in Berlin (CineStar/Borsighallen) und anderen Städten, allerdings ohne breitere Resonanz. – Lea Müller

Weblinks:

🖙 Filmlexikon-Eintrag
🖙 APA-Meldung

Schlagwörter: 360°, Animation, Ästhetik, audiovisuell, bildvisuell, Event/Performance, fiktional, Film, Gesamtprojektion, geschlossen, haptisch, Immersion, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Medieninstallation, Medientechnik, mimetisch, Rahmenexpansion, Unterhaltung, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

2005 – Videospiel Shadow of the Colossus

Das von Sony Computer Entertainment veröffentlichte und von Team ICO entwickelte Shadow of the Colossus gilt als wegweisendes Beispiel für die Inszenierung von Panoramatik in Videospielen. Das Spiel nutzt weite Ausblicke, um eine emotionale Verbindung zwischen den Spieler*innen und der kargen, mysteriösen Spielwelt zu schaffen. Dabei dienen die Panoramen in Shadow of the Colossus weniger der Orientierung als der atmosphärischen Verdichtung. Sie betonen die Einsamkeit und Monumentalität der Welt, indem sie die Leere zwischen den Kämpfen gegen die gigantischen Kolosse inszenieren. Die Spieler*innen durchqueren lange Abschnitte karger Landschaften und werden dort dazu ermutigt, innezuhalten und die Weite und Stille der Umgebung zu erleben, was der Spieldramaturgie eine melancholische und meditative Qualität verleiht. So bedient sich das Spiel des virtuellen Panoramablicks primär, um narrative und emotionale Dimensionen zu unterstreichen. Die weiten Ausblicke sind nicht nur ästhetisch beeindruckend, sondern auch symbolisch aufgeladen, da sie die Beziehung zwischen dem Protagonisten, seiner Mission und der Welt um ihn herum reflektieren. Damit verbindet Shadow of the Colossus Technik, Design und Blickregie, um ein panoramatisches Element als zentrales Moment des Spielerlebnisses zu etablieren. – Felix Klopsch / Niclas Stahlhofen

Literatur / Quellen:

  • Bonner, Marc: Offene-Welt-Strukturen. Architektur, Stadt- und Naturlandschaft im Computerspiel, Marburg: Büchner-Verlag eG 2023.
  • Bonner, Marc: „Medienspezifische Panorama-Situationen in Open-World-Spielen“. In: Alles im Blick. Perspektiven einer intermedialen Panoramatik, hg. von Roman Mauer, Johannes Ullmaier, und Clara Wörsdörfer, Wiesbaden: Springer 2025, S. 585–609.

Weblinks:

🖙 Wikipedia
🖙 Trailer

Schlagwörter: 360°, Animation, Ästhetik, audiovisuell, auditiv, bildvisuell, fiktional, Film, Immersion, Inhaltspanoramatik, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Medieninstallation, Medientechnik, Moving Panorama, panoramatische Erzählung, Technik, Text, textuell, Unterhaltung, visuell, Zugriffspräsentation

2004 – Panoramafotofunktion, Sony Ericsson K750i

Als eines der ersten erlaubt dieses Mobiltelefon-Modell die einfache Anfertigung von Panoramafotos, wobei mehrere der per 2-Megapixel-Kamera in einem Horizontalschwenk aufzunehmenden Einzelbilder automatisch zur Rund(gesamt)ansicht zusammengefügt werden. – Sissy Wolf

Weblinks:

🖙 Review

Schlagwörter: 360°, Ästhetik, Bild, bildvisuell, faktual, Foto, Gesamtprojektion, geschlossen, Medialpanoramatik, Medientechnik, Mikropanoramatik, mimetisch, Panoramabild, Rahmenexpansion, Speicher, Technik, Überbreite, Unterhaltung, Zeitensynopse, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

2004 – Roland Kayn, Cyber-Panoramatical Music

Einstündige elektronische Koposition von Roland Kayn (1933–2011), der seit Ende der 1960er-Jahre „kybernetische“ Musik in teils monumentalen Werkformaten produziert. In der Werkbeschreibung zu seiner (vergleichsweise kurzen) Cyber Panoramatical Music heißt es: „The cybernetic vision was never a modest one, its principles, commonly established for closed, self-sufficient systems, were often just as firmly intended for application on an expansive, even planetary scale. Perhaps this is why Kayn’s cybernetic creations take on a scale undreamed of except perhaps on the most grandiose 19th-century orchestral scale. […] Cyber Panoramical Music is surely one of the peaks of Kayn’s musical achievements – a cybernetic world view artistically realised.“ Realisation: Reiger Recording Studio, Nieuwe Pekela, 2004; 2022 veröffentlicht. – Johannes Ullmaier

Weblinks:

🖙 Bandcamp-Präsentatiuon
🖙 Website Roland Kayn

Schlagwörter: Ästhetik, auditiv, chematisch, Großtableau, Hörwerk, Laufpräsentation, Medialpanoramatik