1955 – Todd-AO, 70 mm-Breitwand

Am 13. Oktober 1955 feiert Oklahoma! (USA 1955, R: F. Zinnemann) seine Weltpremiere. Es ist der erste mit dem Breitwandfilmformat Todd-AO aufgeführte Film. Das von Mike Todd initiierte Format, das ein Seitenverhältnis von 2,21:1 präsentiert, wird ausdrücklich dafür konzipiert, die Mängel von Cinerama zu überwinden. Todd-AO kann mit einem geringeren Aufwand gedreht sowie projiziert werden und erreicht dennoch eine hohe Bild- und Tonqualität. Auf dem 70 mm-Filmband sind die Bildspur (in 65 mm) und ein Magnettonstreifen untergebracht. Unter den Linsen, die für das Breitwandformat entwickelt werden, kann das Bugeye-Objektiv einen horizontalen Blickwinkel von 128° abdecken und entspricht so nahezu der panoramatischen Sicht von Cinerama. Allerdings zeigt sich schnell, dass narrative Spielfilme nicht dazu geeignet sind, größtenteils mit dem Bugeye-Objektiv gefilmt zu werden, sodass dieser Panoramaeffekt nur für wenige Aufnahmen in Todd-AO-Filmen verwendet wird. – Johannes Noss

Literatur / Quellen:

  • Lipton, Lenny: The Cinema in Flux. The Evolution of Motion Picture Technology from the Magic Lantern to the Digital Era, New York: Springer 2021, S. 567–572

Weblinks:

🖙 Wikipedia Todd AO

Schlagwörter: Ästhetik, audiovisuell, Bild, bildvisuell, Film, Gesamtprojektion, Großtableau, Immersion, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Medientechnik, mimetisch, Rahmenexpansion, Technik, Überbreite, Unterhaltung, Zugleichspräsentation

1953 – Breitwandformat CinemaScope

CinemaScope ist ein von 20th Century Fox entwickeltes Breitwandformat. Es wird am 16. September 1953 mit der Weltpremiere des Spielfilms The Robe (USA 1953, R: H. Koster) vorgeführt. Der praktische und kostengünstige Vorteil dieses Breitwandsystems ist, dass es sich mit einem einzigen 35 mm-Projektor realisieren lässt und somit (anders als Cinerama) keine aufwändige Umrüstung der Kinos benötigt. CinemaScope verwendet das von Henri Jacques Chrétien entwickelte anamorphotische Verfahren. Das Bild wird bei seiner Aufnahme durch ein Okular horizontal gestaucht, sodass es auf einen 35 mm-Filmstreifen passt, und dann bei der Projektion durch ein zweites Okular entgegengesetzt gedehnt, um auf der Leinwand wieder in seinen eigentlichen Proportionen zu erscheinen. Nach dem Erfolg von The Robe wird das Format schnell zum Industriestandard, sodass es am Ende des Jahres 1954 alle Hollywood-Studios nutzen – abgesehen von Paramount, die mit VistaVision ein eigenes Verfahren entwickeln. Im Jahr 1957 sind in den USA und Kanada 85 % aller Kinos für CinemaScope ausgerüstet. Aufgrund von verschiedenen technischen Entwicklungen, zum Beispiel dem Hinzufügen eines Magnetstreifens für den Filmton, hat das Format immer wieder unterschiedliche Seitenverhältnisse wie 2,55:1, 2,4:1 oder 2,35:1. – Johannes Noss

Literatur / Quellen:

  • Lipton, Lenny: The Cinema in Flux. The Evolution of Motion Picture Technology from the Magic Lantern to the Digital Era, New York: Springer 2021, S. 545–554
  • Distelmeyer, Jan: „Recreation: CinemaScope und Electronic Hollywood. Eine Filmgeschichte unter Einfluss“. In: Film im Zeitalter Neuer Medien, Teil I: Fernsehen und Video, hg. von Harro Segeberg, München: Fink 2011, S. 251–278, S. 251–278

Weblinks:

🖙 Wikipedia

Schlagwörter: Ästhetik, audiovisuell, Bild, bildvisuell, Film, Gesamtprojektion, Großtableau, Immersion, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Medientechnik, mimetisch, Rahmenexpansion, Technik, Überbreite, Unterhaltung, Zugleichspräsentation

ca. 1953 – Oktophonie: John Cage, Williams Mix

Uraufführung der seit 1951 entwickelten, kontingenz-sound-panoramatischen Komposition für acht Tonbandmaschinen und oktophone klangräumliche Darbietung. Ein Stück von Karlheinz Stockhausen mit dem Titel Oktophonie für eine entsprechende Lautsprecher-Kreispositionierung entsteht 1991. Eine kommerzielle Nutzung oktophoner Wiedergabe kommt jedoch, zumal schon Quadro sich nicht durchsetzt, nie ernsthaft in Betracht. – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Ouzounian, Gascia: Stereophonica, Cambridge, MA: MIT 2020

Weblinks:

🖙 Wikipedia Williams Mix
🖙 Wikipedia Oktophonie

Schlagwörter: 360°, Ästhetik, auditiv, Gesamtprojektion, geschlossen, Immersion, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Medientechnik, mimetisch, Rahmenexpansion, Rundband, Technik, Überbreite, Unterhaltung, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1952 – Arno und Anneliese Peters, Synchronoptische Weltgeschichte


Zeitkartografische Form der Weltgeschichtsdarbietung als großformatiges Aufklapp-Kartenwerk. Die vertikal in mehrere Themenstreifen untergliederten und horizontal die Kalenderjahresfolge repräsentierenden ca. 12.000 Ereignis-Kästchen sowie die im Zentrum übereinandergelagerten ‚Lebensstreifen‘ prägender Persönlichkeiten sollen ermöglichen, die Geschichte der menschlichen Zivilisation von ca. 3000 vor Chr. bis zum Erscheinungszeitpunkt diachron sowie synchron in großen Perspektivzusammenhängen zu erfassen, möglichst ‚auf einen Blick‘. Anschließend an frühe, teils heftige, aber verbreitungsfördernde Kontroversen um die Auswahl und politische Ausrichtung der Einträge erscheint das Werk über Jahrzehnte hinweg in immer neuen, um ein bis zu 10.000 Stichwörter umfassendes Register angereicherten Auflagen; 2010 wird es per CD-ROM in die Digitalepoche und 2017 via Herodot in die Onlinesphäre überführt. – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Peters, Arno/Peters, Anneliese: Synchronoptische Weltgeschichte, Frankfurt am Main: Universum 1952
  • Kuchenbuch, David: Welt-Bildner. Arno Peters, Richard Buckminster Fuller und die Medien des Globalismus, 1940–2000, Köln: Böhlau 2021, S. 253–286

Weblinks:

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Schlagwörter: (Aus-)Faltung, Bild, bildvisuell, Buch, Diagramm, Didaktik, Draufblick, faktual, geordnet, Gesamtdiagramm, Gesamtkompendium, Gesamtprojektion, Großtableau, Karte, Leporello, Medialpanoramatik, Organisation, panoramatische Diskursform, Rahmenexpansion, schematisch, Speicher, symbolisch, Tabelle, Technik, Text, textuell, Überbreite, Universalchronik, Unterhaltung, Zeitensynopse, Zugleichspräsentation, Zugriffspräsentation

1952 – Breitwandformat Cinerama


Von Fred Waller entwickeltes Aufnahme- und Projektionsverfahren, das mit dem 115-minütigen Travelogue-Film This Is Cinerama (USA 1952, R: M. C. Cooper) am 30. September 1952 öffentlich vorgestellt wird. Drei 35 mm-Projektoren werfen kreuzüber ein breites Bild auf eine halbkreisförmige Bildwand aus 1100 senkrecht stehenden Lamellen. So erreicht das Bild einen Winkel von 146° in der Breite und 55° in der Höhe. Ein weiterer Projektor mit 35 mm-Film, auf dem sieben Magnetspuren untergebracht sind, erzeugt im Zusammenspiel mit fünf Lautsprechern hinter der Leinwand und mehreren Effektlautsprechern einen stereophonen Ton, der gemeinsam mit dem überbreiten Seitenverhältnis von 2,68:1 eine Raumillusion erzeugen soll. Das Verfahren wird Anfang der 1960er-Jahre als Ultra Cinerama, Super Cinerama oder auch New Super Cinerama dahingehend weiterentwickelt, dass nun ein einziger Projektor mit 70 mm-Positiv das Breitwandverhältnis erzielen kann, sodass die Schwierigkeiten einer synchronen Simultanprojektion entfallen. Neben Werbefilmen werden sieben Kinofilme im Cinerama-Verfahren produziert. How The West Was Won (USA 1962, R: H. Hathaway/J. Ford/G. Marshall) ist der erste von zwei Spielfilmen, die im Drei-Linsen-Cinerama-Format produziert und vorgeführt werden, und zeigt panoramatische Bilder des US-amerikanischen Westens. Der erste Spielfilm im Single-Film-Cinerama mit einem Projektor ist It’s a Mad, Mad, Mad, Mad World (USA 1963, R: S. Kramer), gefilmt auf Ultra Panavision 70. – Kaim Bozkurt

Literatur / Quellen:

  • Waller, Fred: „The Archeology of Cinerama“. In: Film History 5 (1993), H. 3, S. 289–297, S. 289–297
  • Belton, John: Widescreen Cinema, Cambridge, MA: Harvard University Press 1992

Weblinks:

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Schlagwörter: Ästhetik, audiovisuell, auditiv, bildvisuell, faktual, fiktional, Film, Gesamtprojektion, Großtableau, Halbkugel, Halbrundband, Immersion, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Medientechnik, mimetisch, Rahmenexpansion, Rundbau, Technik, Überbreite, Unterhaltung, Zugleichspräsentation

1950 – Alfred Döblin, November 1918

1937–1943 im Exil entstanden, breitet Döblins Roman-Tetralogie mit dem vollständigen Titel November 1918. Eine deutsche Revolution, die als kompletter Zyklus erst 1978 erschien, auf ca. 2000 Seiten ein vielsträngiges, Fakt und Fiktion vermischendes Erzählpanorama der Geschehnisse zum Ende des Ersten Weltkriegs und des Kaiserreichs aus. – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Döblin, Alfred: November 1918. Eine deutsche Revolution, 4 Bde., München: dtv 1978

Weblinks:

🖙 Wikipedia

Schlagwörter: Ästhetik, Buch, Denkmal, Didaktik, faktual, fiktional, geordnet, Gesamtprojektion, Großtableau, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, offen, panoramatische Erzählung, symbolisch, Text, textuell, Überbreite, Universalchronik, Unterhaltung, Wimmelbild

1947 – Ernst Schnabel, Der 29. Januar 1947

Auf die im schweren Nachkriegswinter 1946/47 per Radio lancierte Bitte hin, an diesem Tag sein persönliches Erleben zu schildern, treffen beim Nordwestdeutschen Rundfunk 35.000 Zuschriften ein. Aus diesem Material collagiert und inszeniert Ernst Schnabel das Hörspiel-Panorama eines Tages quer durch die Bevölkerung, ein stimm-akustisches Wimmelbild ihrer alltäglichen Verrichtungen, Nöte und Wünsche (Erstsendung 16. Mai 1947, Regie: Luwig Cremer). 1950 wurde der Versuch unter dem Titel Ein Tag wie morgen und mit 80.000 Zuschriften wiederholt, was zu einem Vergleich der beiden Epochenlagen anhand je eines Tages-Querschnitts einlädt. – Johannes Ullmaier

Weblinks:

🖙 ARD-Hörspieldatenbank

Schlagwörter: Ästhetik, auditiv, Denkmal, Didaktik, faktual, fiktional, geordnet, Gesamtkompendium, Gesamtprojektion, Hörwerk, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, mimetisch, offen, Organisation, panoramatische Erzählung, symbolisch, Text, Überbreite, Universalchronik, Unterhaltung

1945 – Memex

In seinem Aufsatz As we may think entwirft Vannevar Bush mit Memex das Konzept eines universalen Gedächtnisspeichers: „A memex is a device in which an individual stores all his books, records, and communications, and which is mechanized so that it may be consulted with exceeding speed and flexibility. It is an enlarged intimate supplement to his memory.“ (Bush, „As we may think“, S. 106 f.). Obwohl in der vorgeschlagenen Weise nie im größeren Stil umgesetzt, bleibt Memex als Präfiguration der Hyperlink-Idee sowie aller späteren digitalen Lebens-Welt-Archive einer der folgenreichsten Impulse, den individuellen Kognitionsraum welt- und zeitpanoramatisch auszuweiten. – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Bush, Vannevar: „As we may think“. In: Atlantic Monthly 176 (1945), S. 101–108

Weblinks:

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🖙 As we may think

Schlagwörter: Bild, Diagramm, Didaktik, faktual, geordnet, Gesamtarchiv, Gesamtdiagramm, Gesamtkompendium, Idealpanoramatik, Karte, Konzept/Idee, Medialpanoramatik, Medientechnik, offen, Organisation, schematisch, Speicher, symbolisch, Tabelle, Technik, Text, textuell, Überwachung, unbegrenzte Allheit, Unterhaltung, Utopie/Dystopie, Wissenschaft, Zugriffspräsentation

1942 – Jorge Luis Borges, Himmlischer Warenschatz wohltätiger Erkenntnisse (im Original chinesisch)

In einem Aufsatz, in dem er John Wilkins’ Universalsprache (1668) in Erinnerung ruft, diskutiert Jorge Luis Borges (1942/1953 ff.) auch einige alternative Systeme zur Klassifikation aller existierenden Dinge, darunter dasjenige in einer chinesischen Enzyklopädie, von der er durch den deutschen Sinologen Franz Kuhn (1884–1961) erfahren hatte. Leider zitiert Borges daraus nur den Abschnitt zur Klassifikation der Tiere (der immerhin einen späteren Professor für die Geschichte der Denksysteme zuerst zum Lachen, und dann zum Verfassen eines seiner Hauptwerke brachte, Foucault, Les mots et les choses, S. 7). Ein in der Bibliothek von Babel (1941) auffindbares Exemplar dieser Enzyklopädie zeigt aber, dass dieses Klassifikationssystem noch in deren jüngster Auflage weitgehend erhalten geblieben ist und auch auf andere Gegenstände in analoger Weise, wenngleich mit einigen Detailanpassungen, Anwendung findet. So werden etwa Autos dort in folgende Gruppen unterteilt: „(a) dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei gehörende, (b) verschrottete, (c) solche mit Airbag, (d) Milchtanker, (e) Fiat Pandas, (f) solche aus Science-Fiction-Filmen, (g) solche ohne Zulassung, (h) in diese Rubrik gehörige, (i) die von jungen Männern aus Niederbayern gesteuert werden, (j) unzählige, (k) mit einer Polaroid-Kamera photographierte, (l) und so weiter, (m) die Fußgänger überfahren haben, (n) die von weitem wie Isettas aussehen.“ – Robert Stockhammer

Literatur / Quellen:

  • Borges, Jorge Luis: „El idioma analítico de John Wilkins“ [1942]. In: Obras Completas, Buenos Aires: Emecé 1953, S. 139–144
  • Borges, Jorge Luis: Gesammelte Werke in zwölf Bänden. Band 5: Der Erzählungen erster Teil: Universalgeschichte der Niedertracht / Fiktionen / Das Aleph, München: Hanser 2000
  • Foucault, Michel: Les mots et les choses: Une archéologie des sciences humaines, Paris: Gallimard 1966
Schlagwörter: Buch, Diagramm, Didaktik, Enzyklopädie, fiktional, geordnet, Gesamtarchiv, Gesamtdiagramm, Gesamtkompendium, geschlossen, Idealpanoramatik, Konzept/Idee, Organisation, schematisch, Speicher, Text, textuell, Unterhaltung, Utopie/Dystopie, Zugriffspräsentation

1941 – Jorge Luis Borges, Die Bibliothek von Babel

Erzählung um die Fiktion einer Bibliothek mit allen auf Basis eines 25-Zeichen-Alphabets kombinatorisch möglichen Büchern. In der so entstehenden Unmasse an größtenteils sinnlosen Zeichenketten verbergen sich indes zwangsläufig auch alle sinnvollen Konstellationen und Inhalte, alle möglichen Gedanken, Geschichten und Wahrheiten, selbst wenn die Chance, zu Lebzeiten auf ein Buch zu stoßen, das etwa ein Shakespeare-Drama enthält, in der Quasi-Unendlichkeit dieses Babylonischen Büchermeeres verschwindend gering ist. Als visionäre Überbietung realer Unternehmungen zur Sammlung ‚aller Bücher‘ wie der Bibliothek von Alexandria rekurriert Borges’ vielrezipierte Idee auf die Tradition der Ars Combinatoria (Raimundus Lullus) und hat in Laßwitz’ Die Universalbibliothek einen nahen Vorläufer. – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Borges, Jorge Luis: Gesammelte Werke in zwölf Bänden. Band 5: Der Erzählungen erster Teil: Universalgeschichte der Niedertracht / Fiktionen / Das Aleph, München: Hanser 2000, S. 151–160
  • Eco, Umberto: Die unendliche Liste, München: Hanser 2009, S. 363–370
  • Lullus, Raimundus: Ars brevis [1308], Hamburg: Meiner 2001

Weblinks:

🖙 Wikipedia

Schlagwörter: (Aus-)Faltung, Ästhetik, Bauwerk, Buch, Didaktik, fiktional, geordnet, Gesamtarchiv, Gesamtdiagramm, Gesamtkompendium, geschlossen, Idealpanoramatik, Inhaltspanoramatik, Konzept/Idee, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Organisation, schematisch, Speicher, symbolisch, Text, textuell, unbegrenzte Allheit, Unterhaltung, Utopie/Dystopie, Zugriffspräsentation