
Die im 10. Jahrhundert in Konstantinopel entstandene Schriftrolle zeigt auf 27 Bildern das Leben Josuas. Sie wird der kaiserlich-byzantinischen Hofschule, womöglich Konstantin VII., zugeordnet. Die 10 m lange Schrift befindet sich heute als Cod. Vat. Palat. gr. 431 in der Biblioteca Apostolica Vaticana. Es handelt sich um eine hagiografische Übersicht zum Leben Josuas zwischen Tableau und Laufrolle. Obwohl die Grisaillien von mehreren Händen erstellt wurden, ergeben sie eine zusammenhängende Erzählung. Ungewöhnlich ist, dass dieses Werk der byzantinischen Kunst auf die Form der antiken Schriftrolle zurückgreift und nicht als Codex umgesetzt wurde. Durch die Art der Präsentation ergibt sich ein panoramatischer Lebensüberblick. Zudem gehen die Szenen z. T. fließend ineinander über und zeigen mit Himmelskörpern Tag- und Nachtwechsel an. – Antje Schilling
549 – Apsis von Sant’Apollinare in Classe bei Ravenna

Rundbild und Halbkuppel-Bild mit himmlischem Paradies und biblischen Szenen. Frühes Beispiel prä-immersiver und prä-panoramatischer Kircheninnenraumgestaltung. – Johannes Ullmaier
Literatur / Quellen:
- Berger, Klaus/Beinert, Wolfgang/Wetzel, Christoph u. a.: Bilder des Himmels. Die Geschichte des Jenseits von der Bibel bis zur Gegenwart, Freiburg i. B.: Herder 2006, S. 86
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ca. 375 – Tabula Peutingeriana

Als pure Exemplifikation diagrammatischer Verwaltungs-Repräsentations-Panoramatik verzeichnet die (nicht abstandsgerechte) Darstellung alle Straßen des Römischen Reiches. Zur Wegfindung ungeeignet, dient sie ausschließlich zum Ruhm der „wiederhergestellten Ruhe und Ordnung durch die diokletianischen Verwaltungsreformen“ (
Literatur / Quellen:
- Map. Karten. Die Welt Entdecken, Hamburg: Edel Books 2015
- Oswalt, Vadim: Weltkarten – Weltbilder. Zehn Schlüsseldokumente der Globalgeschichte, Stuttgart: Reclam 2015, S. 45–72
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112–113 – Trajanssäule

35 m hohe Ehrensäule von 3,7 m Durchmesser für den römischen Kaiser Trajan (98–117). Auf deren 190 m langem Schraubenreliefband sind in 23 Rundwindungen wimmelbildartige Szenen aus zwei zeitgenössischen Eroberungsfeldzügen gegen die Daker in rahmenlos fortlaufender Aufwärts-Chronologie dargestellt. In seinem monumentalen Selbstverherrlichungs-Panorama erscheint Trajan unter den insgesamt etwa 2500 Figuren selbst 58 mal, mithin teils mehrfach zugleich. Anstelle der den Säulengipfel ursprünglich zusätzlich krönenden Trajanstatue steht seit 1587 eine Bronzestatue des Apostels Petrus. – Johannes Ullmaier
Literatur / Quellen:
- Mithoff, Fritz/Schörner, Günther (Hgg.): Columna Traiani – Trajanssäule. Siegesmonument und Kriegsbericht in Bildern. Beiträge der Tagung in Wien anlässlich des 1900. Jahrestages der Einweihung, 9.–12. Mai 2013, Wien: Holzhausen 2017
- Stefan, Alexandre Simon (Hg.): Die Trajanssäule. Dargestellt anhand der 1862 für Napoleon III. gefertigten Fotografien. Mit einem Beitrag von Hélène Chew, Darmstadt: wbg / Philipp von Zabern 2020
Weblinks:
31 – Versuchung Jesu
Dem Neuen Testament zufolge führt der Teufel Jesus in der Judäischen Wüste auf einen Berg, zeigt ihm dort „alle Reiche der ganzen Welt in einem Augenblick“ (Lk 4,5) und bietet ihm die Herrschaft darüber an. Die damit greifbare Verbindung des All-Welt-Schau-Motivs mit den Verlockungen weltlichen Machtstrebens bzw. menschlicher Hybris oder superbia wird in Zukunft immer wieder Gegenstand von Warnungen, erbaulichen Gedanken und Ermahnungen sein. – Bernd Klöckener
ca. 8 – Argus in Ovids Metamorphosen
Im ersten Buch von Ovids Metamorphosen wird Argus, Sohn Arestors, als Bewacher der Io eingeführt. Sein Haupt ist von hundert Augen bedeckt, die sich abwechselnd ausruhen und Wache halten, sodass ihm nichts entgehen kann und er zum ultimativen Wächter wird. Nach seiner Ermordung durch Merkur im Auftrag Jupiters werden seine Augen laut der Metamorphose in das Gefieder des Pfaus eingesetzt. Das Pfauenaugenmotiv läuft seither durch die Kunstgeschichte, prominent etwa bei Peter Paul Rubens (1610) oder Salvador Dalí, der das Bild im Zuge der Suite Mythologie 1963/65 radiert und koloriert. – Lea Müller
Literatur / Quellen:
- Ovid: Metamorphosen, Stuttgart: Reclam 1994, Buch I, V 568–688
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ca. -25 – Vergil, Aeneis, Beschreibung des Aeneas-Schilds
Im achten Buch der Aeneis beschreibt Vergil, wie die Göttin Venus ihrem Sohn Aeneas Geschenke macht, die ihr Mann, der Gott Vulkan, für ihn angefertigt hat. Eines davon ist ein Schild (V 585–731), welcher wichtige Szenen der Zukunft Roms darstellt. Zu sehen sind z. B. Romulus und Remus, die von einer Wölfin gesäugt werden, der Raub der Sabinerinnen, der Sieg von Rom mit Porsena, der Gallische Angriff auf Rom, die Schlacht von Actium und die Herrschaft von Augustus Caesar. Vergil konkurriert mit Homer im künstlerischen Ekphrasis-Wettstreit und übertrifft ihn dabei insofern, als Aeneas’ Schild nicht nur – wie der Homerische des Achill – ein zwar belebtes, aber relativ synchrones Weltpanorama, sondern die ganze weitere Geschichte zeigt, die der Held noch gar nicht kennen kann. – Jana Keim
Literatur / Quellen:
- Vergil: Aeneis, Berlin/Boston: de Gruyter 2015
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ca. -60 – Bildfries, Villa dei Misteri (Pompeji)

Womöglich frühester Beleg einer 360°-Bilddarstellung. Das Fresko in der Villa dei Misteri in Pompeji um 60 v. Chr. ist im reifen Zweiten Stil pompejianischer Malerei gestaltet, 2 m hoch und 20 m lang und deckt alle vier Wände des großen Saals ab. Überlebensgroße menschliche Körper bevölkern verschiedene Szenen, die dem Althistoriker Paul Veyne zufolge eine Einweihung in den bacchantischen Dionysoskult darstellen. – Rebecca Rasp
Literatur / Quellen:
- Veyne, Paul: Das Geheimnis der Fresken. Die Mysterienvilla in Pompeji, Darmstadt: WBG/Philipp von Zabern 2018, S. 13–56
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ca. -150 – Globus

Römischen Quellen zufolge baut Krates von Mallos um 150 v. Christus erstmals ein überschaubar verkleinertes Modell der Erdkugel und damit den ersten Erdglobus, wobei es Kugelrepräsentationen erdnaher Planeten, sogenannte Planetgloben, schon zuvor gegeben haben soll. Bis ins 19. Jahrhundert werden Erdglobus und zugehöriger Himmelsglobus oft paarweise her- und aufgestellt. Im Unterschied zur Welt- bzw. Himmelskarte ist der Globus form-, flächen-, winkel- und längengetreu, erlaubt dafür aber nicht, die gesamte Erdoberfläche bzw. Himmelsbreite auf einmal in den Blick zu nehmen. – Naemi Dittes
Literatur / Quellen:
- Stockhammer, Robert: Erdliteratur. Zur kritischen Beobachtung von Weltkonstruktionen, Göttingen / Konstanz: Wallstein / UVK 2023, 92–95
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-200 – König Philipp von Makedonien besteigt den Haemus
Der makedonische König Philipp habe, so berichtet Livius in seiner römischen Universalgeschichte Ab urbe condita, den Haemus besteigen wollen, „weil er der allgemeinen Meinung Glauben beimaß, man könne dort zugleich das Pontische und Hadriatische Meer, die Donau und die Alpen sehen; und er versprach sich von dieser Übersicht für seinen Plan zu einem Römischen Kriege Winke von Entscheidung“ (Livius 40,21). Doch je höher Philipp und seine Begleiter kommen, desto weniger können sie offenbar sehen; sie geraten in immer dichteren Wald, werden zudem von Nebel überrascht, und der Weg wird so beschwerlich, „als machten sie ihn bei Nacht. Erst am dritten Tage gelangten sie auf den Gipfel. Nach ihrer Herabkunft ließen sie den gemeinen Glauben ohne allen Widerspruch; vermuthlich mehr, um einem Spotte über ihre vergebliche Reise zu entgehen, als dass sie wirklich die Meere, Gebirge und Ströme auf so entgegengesetzten Punkten zugleich von diesem einzigen Standorte hätten sehen können.“ (Livius 40,22). Somit kulminiert diese Urszene der Realpanoramatik – noch Petrarca wird sich von Livius’ Textstelle zu seiner Besteigung des Mont Ventoux inspiriert sehen – in signifikanter Bedeutungslosigkeit. Dass Philipp den bald darauffolgenden Krieg gegen die Römer verlieren würde, wer hätte es kommen sehen? – Bernd Klöckener
Literatur / Quellen:
- Livius, Titus: Römische Geschichte, Braunschweig: Friedrich Vieweg 1821