1983 – Stanislaw Lem, One Human Minute

Dt. Eine Minute der Menschheit. Panoramatische Erzählung über den gesamtmenschheitlichen Weltzustand im Zeitrahmen einer einzigen Minute; gattungsinnovativ gerahmt und komprimiert als Rezension eines weitaus umfangreicheren fiktiven Buchs, das diesen Zustand zum Thema haben soll. – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Lem, Stanislaw: Eine Minute der Menschheit, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1983

Weblinks:

🖙 WIkipedia

Schlagwörter: Allwahrnehmung, Ästhetik, Buch, Didaktik, fiktional, Gesamtdiagramm, Gesamtprojektion, Idealpanoramatik, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, offen, panoramatische Erzählung, symbolisch, Text, textuell, unbegrenzte Allheit, Universalchronik, Unterhaltung, Utopie/Dystopie

1982 – Videospielreihe, Microsoft Flighstimulator

Die Videospielreihe Microsoft Flightsimulator verspricht seit 1982, via Flugsimulation über den eigenen Heimcomputer möglichst realistisch an jeden Ort der Welt gelangen zu können. Die erste Version konnte lediglich acht Fluginstrumente und eine 2D Ebene darstellen. Demgegenüber benutzt der nunmehr zwölfte Ableger der Videospielreihe, der Microsoft Flight Simulator 2024, fortgeschrittene Methoden, um die gesamte Erde darzustellen. Zum einen setzt er per Algorithmus vorgefertigte Häuser, Straßen oder Bäume an jene Stellen in der digitalen Welt, wo sie auf der Onlinekarte von Bing zu finden sind. Zum anderen benutzt er bei größeren Städten Photogrammetrie (eine Technik, bei der durch die Analyse und Vermessung von Fotografien virtuelle 3D-Gebäude erstellt werden). Die höchste Stufe der Detailtreue lässt sich im Simulator jedoch dann finden, wenn Flughäfen oder Sehenswürdigkeiten per Hand (also nicht über einen Algorithmus) von einem Entwicklerteam digital nachgebaut wurden. Das Hauptentwicklerteam Asobo stattet den Simulator zusätzlich kontinuierlich mit „World Updates“ aus. Insgesamt beträgt die Größe dieser digitalen Welt über zwei Millionen Gigabyte. Um diese Datenmenge für einen Heimcomputer nutzbar zu machen, lädt der PC immer nur die Landschaften von einem Server herunter, die gerade in Reichweite des virtuellen Flugzeugs sind. Je nach Region schwankt der Detaillierungsgrad, sodass eine Person aus Wien sein/ihr Haus genau erkennen kann, wohingegen eine Person aus Damphu (Dorf im Buthan) im Flugsimulator nur auf ein generisches Haus trifft. Wer eine eigene Haustür hat, kann aber trotzdem davor landen, egal auf welchem Punkt der Erde – man muss nur das passende Luftfahrzeug wählen. – Till Bertram

Weblinks:

🖙 Offizielle Website

Schlagwörter: Animation, audiovisuell, bildvisuell, Diagramm, Didaktik, Draufblick, faktual, Fernblick, fiktional, Film, Foto, Gesamtarchiv, Gesamtdiagramm, Gesamtprojektion, haptisch, Immersion, Karte, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Medientechnik, mimetisch, Naturpanorama, offen, Organisation, Panoramaflug, schematisch, Speicher, Technik, Unterhaltung, Weltkarte, Zugleichspräsentation

1982 – Heimkino-Raumklang-Technik, Dolby Surround


Erste Vorstellung und Einführung eines – noch analogen – Mehrkanal-Raumklang-Tonsystems für den Heimbereich durch die Firma Dolby Laboratories. Eine Dolby-Surround-Anlage umfasst einen Verstärker mit Dekoder/Konverter und drei Lautsprecher für vorne links, vorne rechts sowie einen dritten „Center“-Lautsprecher, eben den Surround-Kanal, der ein über das HiFi-gewohnte Stereo-Panorama (dessen Datenmaterial hier als Ausgangssignal weiter zugrundeliegt) hinausgehendes 360°-Hörerlebnis gewährleisten soll. Seither mit Dolby Pro Logic (1987), Dolby Pro Logic II (2000) und zahlreichen weiteren Updates kontinuierlich fortentwickelt und der Mediendigitalisierung angepasst. – Kira Gass

Weblinks:

🖙 Wikipedia
🖙 Dolby-Arten

Schlagwörter: 360°, Ästhetik, audiovisuell, auditiv, faktual, fiktional, Film, Gesamtprojektion, Immersion, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Medientechnik, MEDIUM, mimetisch, MUSIK, Rahmenexpansion, Technik, Unterhaltung, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1981 – Michael Stearns, All-Hör-Erfahrungsbericht auf dem LP-Cover von Planetary Unfoldling


In den Backcover-Liner-Notes zu seiner all-kosmisch entgrenzten New-Age-Elektronik-LP berichtet Michael Stearns: „I had a dream about the Earth. In my dream the Earth wasn’t a solid mass, but a mass of sounds held together through resonance. Everything: atoms, cells, the Earth’s core, oceans, plants, animals and humans created a complex orchestration that kept unfolding on itself. The Earth was a being of sound. The sounds were of all times; it’s past life was mixed with sounds yet to be heard. I heard billions of voices and all the music ever created all at once.“ Bemerkenswert dabei die ebenso gleitende wie rapide Bewegung vom noch relativ begrenzten und generisch eingehegten Eingang des Statements – ein Traumbericht ‚nur‘ von der Erde – hin zur zeit-, wahrnehmungs- und bewusstseinsräumlich völlig entgrenzten Finalbehauptung, alle je geschaffenen Stimmen und Musiken zugleich (wirklich) gehört zu haben. Dass realakustisch beides gleich unmöglich ist, öffnet dem panoramatischen Expansionsbegehren rhetorisch unendlichen Freiraum – und findet in der aufsteigenden bzw. ‚öffnenden‘ Klanggestik vieler Passagen eine zwar rein symbolische und recht plakative, für pop-mystisch Empfängliche aber überaus beeindruckende Entsprechung. – Johannes Ullmaier

Weblinks:

🖙 Wikipedia
🖙 Discogs

Schlagwörter: (Aus-)Faltung, Allwahrnehmung, Ästhetik, auditiv, Blicktransparenz, faktual, Fernblick, fiktional, Gesamtprojektion, Hörwerk, Idealpanoramatik, Inhaltspanoramatik, Konzept/Idee, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Mythos/Religion, offen, panoramatische Erzählung, Rahmenexpansion, Realpanoramatik, symbolisch, Text, textuell, Unterhaltung, Zeitensynopse, Zentralblickpunkt

1980 – Fred Frith, The Entire Works of Henry Cow

Auf dem LP-Sampler Miniatures (A Sequence Of Fifty-One Tiny Masterpieces Edited By Morgan-Fisher), dessen Konzept darin besteht, allen Beteiligten je eine Minute Raum zu geben, ballt Fred Frith (unmittelbar nachdem David Beford Wagner’s Ring in One Minute abgehandelt hat) per collagierender Überschichtung sämtliche Stücke seiner langjährigen, doch zuvor aufgelösten Band Henry Cow auf engstem Raum zusammen. In den Liner Notes erläutert Kompilator Morgan-Fischer: „This is probably the densest piece on this LP. It contains a portion of every single track by Fred’s old band Henry Cow, assembled according to a strict mathematical system. Listen carefully, you can hear Dagmar Krause, Lindsay Cooper, Chris Cutler, Tim Hodginson, Geoff Leigh, Johnn Greaves, Anthony Moore, and Peter Blegvad.“ Einzelnes herauszuhören ist jedoch schwierig, weil in Friths Mikro-Pansonorama zwar ‚alles da‘, doch zwischen Maximalverdichtung und (Selbst-)Vernichtung so gut wie nichts mehr zu erkennen ist. – Johannes Ullmaier

Weblinks:

🖙 Miniatures auf Discogs

Schlagwörter: Ästhetik, auditiv, Denkmal, faktual, fiktional, Gesamtarchiv, Gesamtkompendium, Gesamtprojektion, Hörwerk, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Mikropanoramatik, mimetisch, schematisch, Text, Unterhaltung, Wimmelbild, Zeitensynopse, Zugleichspräsentation

1977 – Ludwig Marcuse, Ein Panorama europäischen Geistes

Unter dem Titel Texte aus drei Jahrtausenden kuratiert Ludwig Marcuse (1894–1971) ab 1959 im Bayerischen Rundfunk eine wöchentliche Sendereihe. Auf deren Basis veröffentlicht Gerhard Szczesny sechs Jahre nach dessen Ableben eine dreibändige Textauswahl mit dem neuen Titel Panorama europäischen Geistes (und dem alten Titel als Untertitel), die in chronologischer Reihenfolge auf ca. 1200 Seiten 122 Ausschnitte aus Kerntexten berühmter Figuren der Geistesgeschichte darbietet: Bd 1: Von Diogenes bis Plotin, Bd. 2: Von Augustinus bis Hegel, und Bd. 3: Von Karl Marx bis Thomas Mann. Damit wird der Versuch unternommen, der Leserschaft eine möglichst weitgespannte, aber zugleich begrenzte Vorauswahl der bedeutungsvollsten Schriften und Autoren zu bieten. Der (nirgends näher erläuterte) ‚Panorama‘-Titel beansprucht hier ausdrücklich nicht, eine allumfassende Darstellung des „europäischen Geistes“ zu liefern. Vielmehr soll das Kompendium laut Szczesnys kurzer „Vorbemerkung“ (vgl. Marcuse, Panorama, Bd. 1, S. 9–13) eine niedrigschwellige Möglichkeit zur ersten Lektüre schaffen, die der Leser im Anschluss selbstständig vertiefen kann. Beginnend mit dem Buch Hiob bis hin zu Thomas Manns Bruder Hitler wird jeder Textausschnitt von einer kurzen Kontext/Autor/Werk-Charakteristik aus Marcuses Feder eingeführt. Indem sie dessen universalen Geist ebenso wie seinen grundsätzlichem Pessimismus wiederspiegelt, möchte die Sammlung veranschaulichen, dass die Menschheit sich seit Anbeginn in der Literatur, der Wissenschaft und der Philosophie unentwegt darin versucht, „immer wieder die gleichen letzten, vorletzten und vorvorletzten Fragen zu lösen“ (S. 10).

Darüberhinaus reflektiert Szczesny auch die buchmediale Grenzstellung des Kompendiums zwischen einem zugriffspanoramatischen Zugang frei flanierenden Herumschmökerns einerseits und der im Doppelsinn erschöpfenden, dafür aber die volle Breite und Tiefe ausschöpfenden laufpanoramatischen Gesamterschließung: „Im allgemeinen wird man dem Leser eines so umfangreichen Breviers mit Recht empfehlen, nicht Seite für Seite zu studieren, sondern nach Lust und Laune darin zu blättern. Wer es sich zeitlich leisten kann, sollte die drei Bände aber auch einmal als ganze und in einem Zug zu lesen versuchen. Es wird sich ihm dann eine ebenso spannende wie bewegende Szenerie öffnen. […] Wenn man auf solche Weise einen Teil der aktenkundig gewordenen Geschichte des homo sapiens an sich vorüberziehen lässt, stellen sich zwei Erlebnisse ein: Die Erfahrung der tatsächlich überwältigenden Vielfalt menschlichen Denkens und Trachtens und des Erlebnisses des Eingebettetseins der eigenen, sehr peripheren und verlorenen Existenz in diesen sich in ferner Vergangenheit verlierenden Strom von Menschen und Schicksalen, Träumen und Alpträumen, geglückten und gescheiterten Unternehmungen.“ (Bd. 1, S. 12/13) – Niclas Stahlhofen / Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Marcuse, Ludwig: Ein Panorama europäischen Geistes. Texte aus drei Jahrtausenden, Zürich: Diogenes 1977.
Schlagwörter: Ästhetik, auditiv, Buch, Denkmal, Didaktik, faktual, fiktional, geordnet, Gesamtarchiv, Gesamtkompendium, geschlossen, Hörwerk, Idealpanoramatik, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Mythos/Religion, panoramatische Diskursform, Speicher, symbolisch, Text, textuell, Überbreite, Universalchronik, Unterhaltung, Wissenschaft, Zeitensynopse, Zugriffspräsentation

1977 – Cosmic Zoom in Powers of 10

Der naturwissenschaftsdidaktische Kurzfilm Powers of 10 (USA 1977, R: C. Eames/R. Eames) bewegt sich in einem Zoom bis zu den Enden des Makro- und des Mikrokosmos. Die Kamera blickt von oben auf eine Picknickszene und entfernt sich auf vertikaler Achse in die Höhe. Eine Erzählstimme erklärt, dass das Herauszoomen in Zehnerpotenzen erfolgt (10 m, 100 m, 1000 m, schließlich zehn hoch 24 m). Die aufeinanderfolgenden Bilder führen von den Straßen Chicagos über den Kontinent, die Erde, das Sonnensystem und die Milchstraße bis in die dunkle, leere Weite des Universums. An diesem Wendepunkt angelangt, zoomt der Film rasch zurück an den Ausgangspunkt und beginnt dann in die Haut des Mannes einzutauchen, der auf der Picknickdecke schläft: durch das Gewebe und die Zellen bis zur subatomaren Ebene, wo die virtuelle Kamera die Zoomrichtung erneut ändert und zur Ausgangsszene zurückführt. Da sich der kontinuierliche Zoom über verschiedene ineinanderlaufende Bilder bewegt, ist die dargestellte Welt virtuell und kein realer Raum. So stellt der Film durch sein spielerisches und didaktisches Verfahren für das menschliche Auge unsichtbare Orte dar und ermöglicht eine sukzessiv verlaufende, panoramatische Wahrnehmung der Proportionen des Universums. – Johannes Noss

Literatur / Quellen:

  • Tollmann, Vera: Sicht von oben. „Powers of Ten“ und Bildpolitiken der Vertikalität, Leipzig: Spector Books 2023, S. 59–70

Weblinks:

🖙 YouTube

Schlagwörter: Allwahrnehmung, Animation, Ästhetik, bildvisuell, Didaktik, faktual, Fernblick, Film, geordnet, Gesamtkompendium, Gesamtprojektion, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, mimetisch, Rahmenexpansion, Realpanoramatik, schematisch, Unterhaltung, Wissenschaft

1976 – Saul Steinberg, View of the World from 9th Avenue

Karikaturistische Parodie auf egozentrische Erdansichten: In der US- bzw. New-York-situierten Metropolen-Perspektive auf ‚die ganze Welt‘ erscheinen die 9th und 10th Avenue sehr groß, dahinter aber alles immer grotesker verkleinert und verkürzt, vergleichsweise ‚winzig‘ u. a. „China“, „Japan“ oder „Russia“. – Johannes Ullmaier

Weblinks:

🖙 Abbildung

Schlagwörter: Ästhetik, Bild, bildvisuell, Didaktik, faktual, Fernblick, fiktional, Gesamtprojektion, Konzept/Idee, Medialpanoramatik, Mikropanoramatik, mimetisch, Panorama-Diskurs, Panoramabild, schematisch, symbolisch, Text, textuell, Unterhaltung, Zeichnung, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1976 – SBB-Panoramawagen

Der erste SBB-Panoramawagen (offizielles Gattungskürzel: As 110) kommt 1976 auf die Schiene und fährt bis 2004. Er ist für landschaftlich attraktive Strecken gedacht, bleibt aber auf die Schmalspur beschränkt. Die um 2025 gebräuchlichen Wagen (Gattungskürzel: Apm 61 Pano) sind dagegen für den Einsatz im internationalen Schienenpersonenverkehr geeignet und werden 19911992 von Schindler Waggon (verantwortlich für die Wagenkasten), SIG (verantwortlich für die Drehgestelle) und der ABB (verantwortlich für die Elektrik) gebaut. Pro Zug gibt es zwölf solcher Einheiten mit Erster-Klasse-Ausstattung. Das Besondere an ihnen sind die Fenster: Zu jeder Seite öffnen sich neun große, von der Seitenwand bis zum Dachstreifen reichende und nach oben hin gewölbte Scheiben, die einen ungehinderten Blick auf die Landschaft bieten und nur durch die Dachkante und Teile der Seitenwände unterbrochen werden. Dadurch ist das Blickfeld verglichen mit üblichen EuroCity-Wagons nahezu verdoppelt. – Jana Keim

Weblinks:

🖙 Wikipedia SBB-Panoramawagen
🖙 Wikipedia Panoramawagen (Schweiz, Schmalspur)

Schlagwörter: Ästhetik, Blicktransparenz, faktual, Fernblick, Immersion, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Moving Panorama, Naturpanorama, Panoramaflug, Rahmenexpansion, Realpanoramatik, Technik, Überbreite, Unterhaltung, visuell, Zugleichspräsentation

1976 – Computerspiel Colossal Cave Adventure (ADVENT)

Prototypisches Adventure-Spiel: Die Spieler:innen müssen ein Höhlensystem erforschen und ihre Handlungen dabei durch Textbefehle innerhalb einer textbasierten Welt steuern. Effektives Navigieren und das Lösen von Rätseln werden mit Punkten belohnt. ADVENT gilt als eines der ersten Open-World-Spiele, da der Spielablauf für jeden Durchgang einzeln generiert wird und das Auswählen eines anderen Szenarios im Spiel jeweils wieder neue Spielszenarien generiert. Die endlose Erweiterung der Spielwelt wie der Spielstruktur erscheint so als Programm. – Hannah Bartölke

Literatur / Quellen:

  • Jerz, Dennis: „Somewhere Nearby is Colossal Cave: Examining Will Crowther’s Original „Adventure“ in Code and in Kentucky“. In: Digital Humanities Quarterly 1 (2007), H. 2

Weblinks:

🖙 Wikipedia ADVENTURE 

Schlagwörter: (Aus-)Faltung, Didaktik, fiktional, Gesamtdiagramm, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Medieninstallation, offen, Rahmenexpansion, schematisch, symbolisch, Technik, Text, textuell, Unterhaltung