
Auf dokumentarischen Sozialreportagen fußende TV-Serie, die – ausgehend vom Milieu der Drogenhändler- und Drogenermittler in Baltimore – die Totalität der Sozialstruktur einer US-Großstadt um 2000 TV-dramatisch zu entrollen versucht, stellvertretend für die Problemlage der urbanen USA insgesamt. Dies vollzieht sich über fünf, jeweils eine gesamte Lebenssphäre ausleuchtende Staffeln, konkret: Drogenökonomie, traditionelle Ökonomie (anhand der Hafenarbeiter und ihrer Gewerkschaft), Politik, Schulwesen und Journalismus/Medien. Nach Themenbreite und gesellschaftlichem Repräsentationsanspruch konsequenter in gesellschaftspanoramatischer Balzac/Zola-Tradition als das Gros vergleichbar umfänglicher, aufwendig produzierter und oft ebenfalls erzählstrangreicher neuerer TV-Serien. – Johannes Ullmaier
2001 – Katharina Gaenssler, Genua-Foto-Panorama
Katharina Gaenssler dokumentiert in 4200 selbst aufgenommenen Fotos von 15. Januar bis 20. Mai 2001 ihren Aufenthalt in Genua, dessen Stadtbild im Vorfeld des G8-Gipfels von zahlreichen Baustellen geprägt ist. Der Prozess ist als Serie sämtlicher Abbildungen in einem 710-seitigen Buchobjekt repräsentiert. Parallel konstelliert sie Teile des Fotobestands noch in Genua zu wachsenden Fotopanorama-Collagen, die als abfotografierte Teilpanoramen wieder in die panoramatische Gesamtdokumentation einfließen. – Johannes Ullmaier | Nina Cullmann
Literatur / Quellen:
- Gaenssler, Katharina: Genua, 15. Januar – 20. Mai 2001, Buchprojekt 2001
Weblinks:
🖙 Gaenssler Website 0109 (GE) Buchobjekt
🖙 Website Gaenssler 01-03 (PANO)
1998 – Seyfried, Bullen, Bonzen und Berliner – Wimmelbilder
Buchkompendium des Plakat- und Comic-Zeichners Gerhard Seyfried, stellvertretend für dessen im linksalternativen Milieu seit den 1970er-Jahren populäre, die BRD-Gesellschaft insgesamt ebenso wie die eigene Szene karikierende Wimmelbilder. Auch in Einzelpublikationen als Poster oder in Zeitungen präsent. – Johannes Ullmaier
Literatur / Quellen:
- Seyfried, Gerhard: Bullen, Bonzen und Berliner – Wimmelbilder, Hamburg: Rotbuch Verlag 1998
Weblinks:
🖙 Website
1995 – Valère Novarina, La Chair de l’homme [Das Fleisch des Menschen]
Im Klappentext zur Buchausgabe beschreibt der französische Autor, Maler und Regisseur sein 526 Seiten langes Theaterstück [dt. Das Fleisch des Menschen] wie folgt: „Amygdalus, das ist der Mandelbaum: der erste, der wieder erblüht, der erste wiedergeborene Baum. Aufgebaut auf 4 Rosetten: der Rose der Namen, der Rose der Philosophen, der Rose der Flüsse, der Rose der 8, öffnet das Buch sich auf ein Mahl, bei dem die Welt gegessen wird. Neunmal vernimmt man in ihm den Walzer der Eloquenz und neunmal den Untergangstango. Es teilt sich auf in 62 Szenen und lässt 3171 Figuren auftreten; es nennt Gott 429 Mal, vertritt, dass unser Fleisch die Sprache ist, beschreibt 88 Zirkusnummern, verwendet 2587 der 6912 Verben unserer Sprache und erkennt, dass der Messias das Wort ist. Im Mittelpunkt, unter einem Mandelbaum, das Unfehlbare Kind. Geschrieben vom 7. Dezember 1991 bis zum 9. November 1994 in Marseille, in Paris, in Krakau, in Moskau, in Barcelona, in Montpellier, in Bremen, in Rom, in Parma, in Poitiers, in Wien, in Remscheid, in Porto, in Salerno, in Budapest, in Herlin, in Trécout, in Loutro, in Agios Pavlos, in Phenix und in Besançon.“ (dt. v. LV). Der Stücktext ist symptomatisch für den demiurgischen Schreibansatz von Novarina, der in Abwandlung von Wittgenstein postuliert: „Worüber man nicht sprechen kann, das muss man sagen.“ Inspiriert von Rabelais betreibt er eine freie und kraftvolle Erweiterung des Französischen mit dem Ziel, ins bislang Undenkbare vorzustoßen. Charakteristisch dafür sind seine „Rosetten“, gewaltige Aufzählungen, in denen die Zeit stillzustehen scheint. So beginnt der Text gleich mit zwölf Seiten kurzer Attentum-Imperative („‚Seht‘ sagte Hans; ‚Seid aufmerksam‘ fügte Jakob hinzu [etc.]“), gefolgt von einer 16-seitigen Aufzählung der Figuren oder Gruppen, die das Bühnenpanorama sukzessiv bevölkern („Auf die kreisförmige Bühne treten Hans Mutist, Hans Maulwürfler, […] die Träumenichtskinder [etc.]“). Das weitere Geschehen, eine Art universales Abendmahl, sprengt alle Möglichkeiten eines Theaterabends und wirkt wie ein modernes Sprachpendant zu den Wimmelbildern von Bosch und Brueghel. Szene XXXV etwa zitiert eine Folge von 311 Gottesdefinitionen quer durch die Jahrhunderte, von diversesten Vertretern der drei Schriftreligionen wie auch von Agnostikern, Schriftstellern, Chansonniers oder ganz Unbekannten; eine Regieanweisung entfesselt den Auftritt von Trapezkünstlern und benennt 88 hochseilakrobatische Figuren, die das Zirzensische des Unternehmens unterstreichen. Die letzte „Rosette“ schließt den Text (in Anspielung auf Bibelpsalm 137) mit der Frage: „Am Ufer wievieler Ströme, Flüsse, Bäche habt Ihr Euch niedergesetzt und Eure Tränen fließen lassen?“ Beantwortet wird sie mit nahezu 2000 Flussnamen fast aller Sprachen und Regionen, in denen die Geschichte, Herkunft, Geografie und das Unbewusste aller dieser Tränenflüsse sedimentiert ist, ohne auserzählt zu werden. Nach Uraufführung einer Theaterbearbeitung durch den Autor selbst am 21. Juli 1995 wird das Stück im Herbst desselben Jahres in Paris im (1860 ursprünglich als Gemäldepanorama errichteten) Théâtre du Rond-Point und auf Tournee in Cavaillon, Cherbourg, Evreux, Remscheid, Münster, Stuttgart und Saarbrücken gezeigt. Die deutsche Übersetzung der 311 Gottesdefinitionen wird 2011 vom Bayerischen Rundfunk mit 107 Stimmen als Hörspiel gesendet und erscheint 2012 als Buch. – Leopold von Verschuer
Literatur / Quellen:
- Novarina, Valère: La Chair de l’homme, Paris: P.O.L. 1995
- Novarina, Valère: 311 Gottesdefinitionen >[=Kapitel XXV aus La Chair de l’homme], Berlin: Matthes & Seitz 2012
- Fröhlich, Constanze: Poetik der Fülle. Sprechen und Erinnern im Werk Valère Novarinas, Heidelberg: Winter 2014
Weblinks:
🖙 Radioportrait BR2 (2011)
🖙 Toledo-Übersetzerjournal (2022)
1987 – Where’s Wally?
Kinderbuch-Serie des britischen Illustrators Martin Handford. Auf den großformatigen Wimmelbildern der Bände ist, inmitten hunderter Figuren, stets der Weltenbummler Wally (in anderen Ländern heißt er Waldo, Walter, Willy, Valli) abgebildet, zu erkennen an der Pudelmütze, schwarzen Brille und seinem weiß-rot gestreiften Shirt. – Bernd Klöckener
Weblinks:
1986 – David Hockney, Fotocollage The Grand Canyon Looking North II
Im September 1982 besucht der Maler David Hockney das Naturdenkmal des Grand Canyon. Von der dortigen Aussichtsplattform aus nimmt er den Blick nach Norden auf, indem er mit einer Pentax 100 unzählige einzelne Fotografien anfertigt. Hierfür dreht er sich mit der Kamera langsam, um die Aussicht im panoramatischen Format einzufangen. Das Ergebnis ist allerdings keine nahtlose Panoramalandschaftsfotografie, wie sie später mit jedem Smartphone anzufertigen ist. Vielmehr entwickelt Hockney die einzelnen Fotografien (nur Querformate), wählt aus und setzt diese 1986 als rasterförmige Collage zu einem ca. 110 × 322 cm großen Bild zusammen. Dieses zeigt also einerseits den großartigen Ausblick in überbreitem Format, deutlich aber auch den jeweils einzelnen (Kamera-)Blick mit je eigener Zeitlichkeit (an den Lichtverhältnissen erkennbar). Hockneys Fotocollage thematisiert einen Allerfassungsanspruch, der mit der Verwendung des vermeintlich hierfür besonders geeigneten Mediums der ‚objektiven‘ Fotografie unterstrichen wird. Durch deren unkonventionellen Gebrauch wird allerdings die Begrenztheit (oder Kontingenz) jeder medialen Allerfassung und Gesamtrepräsentation zugleich aufgelöst und ausgestellt. Das Werk gehört zur Gruppe der sogenannten ‚joiner‘. Zu Beginn der 1980er experimentiert Hockney mit dem Zusammenfügen mehrerer Fotografien zu einem Bild, wodurch er ein Bild aus verschiedenen Blickeinstellungen komponieren kann, welches den Wahrnehmungs- und Erfahrungsprozess des Gegenstands in der Zeit nachvollziehbar bleiben lässt. Zu Beginn nutzt er hierfür auch die Polaroid-Technik. Teilweise haben diese ‚joiner‘ gebogene Formate oder fransen an den Rändern aus; sie suggerieren somit, dass das mit dem Auge erforschte Motiv hier genau die Ausdehnung erhält, die es braucht, um ‚richtig‘ im Sinne von ‚authentisch‘ oder ‚überzeugend‘ zu sein. – Clara Wörsdörfer
Literatur / Quellen:
- Hockney, David: Photographe, Paris: Centre Georges Pompidou 1982
Weblinks:
🖙 Schlagwörter: 360°, Ästhetik, Bild, bildvisuell, Denkmal, Draufblick, faktual, Fernblick, Foto, geordnet, Gesamtdiagramm, Gesamtprojektion, Großtableau, Medialpanoramatik, mimetisch, Naturpanorama, offen, Panoramabild, Rahmenexpansion, schematisch, Überbreite, visuell, Zugleichspräsentation
1983 – Valère Novarina, 2587 Figuren aus ‚Le Drame de la vie‘ [Das Drama des Lebens]

Am 5. und 6. Juli zeichnet der französische Autor und Maler Valère Novarina (* 1942 bei Genf) im achteckigen großen Saal des Saint-Nicolas-Turms in der französischen Stadt La Rochelle 24 h lang fast ohne Unterbrechung die 2587 Figuren seines Theaterstücks Le Drame de la vie [dt. Das Drama des Lebens]. Im Jahr darauf erscheint der Text als Buch. Die Bühnenfassung wird 1986 in der Regie des Autors beim Festival von Avignon uraufgeführt, wofür er auch selbst die Kulissen malt. Die szenische Anordnung seiner Zeichen-Performance hatte er bereits 1970 in seinem ersten Theatertext L’Atelier volant [dt. Die fliegende Werkstatt] beschrieben, in dem einer der drei Schauplätze die „Werkstatt“ ist: ein Erdgeschoss, als erste Etage ein horizontal gelegtes Wagenrad, mit Stegen zum Hinaufklettern. Im Saint-Nicolas-Turm stehen nun ein Tisch mit gläserner Tischplatte und ein Stuhl auf dem zentral an der Decke aufgehängten riesigen hölzernen Rad. Am frühen Morgen des 5. Juli erklettert es der Autor schwarz gekleidet in weißen Turnschuhen über ein Podest. Zugegen sind acht hell gekleidete Schauspieler, sechs „Aufhänger“ in weißen Latzhosen, die dunkel gekleidete Spielleiterin sowie der Turmwächter, der den Zugang verschließt. Der Künstler legt den Stapel weißer Papierbögen mit den Namen aller zu zeichnenden Figuren auf den transparenten Tisch, dazu dicke Rotstifte, schwarze Tusche, Zeichenfedern. In den Nischen des runden Außenstegs und im Treppenhaus beginnen die Schauspieler die 2587 Namen zu verlesen, die nach draußen übertragen und zeitgleich über den Radiosender France Culture gesendet werden, während Novarina konzentriert und schweigend, nur unter gelegentlichem Aufstampfen des Fußes, von unten sichtbar zeichnet. Die Spielleiterin sammelt die getrockneten Zeichnungen ein, die von den „Aufhängern“ rundum an den Wänden des kreisförmigen Raumes befestigt werden und sie so zunehmend bedecken. Mit einbrechender Dunkelheit erstrahlt ein Neonschriftzug mit der Zahl 2587 auf der Turmspitze. In den frühen Morgenstunden des folgenden Tages zeichnet Novarina „Adam“ auf das letzte Blatt. Die Zeichnungen werden in der Folge vielfach ausgestellt, etwa 1986 beim Festival von Avignon im „Theologischen Saal“ des Papstpalasts. Eine Auswahl von 100 Zeichnungen wird 1986 als Buch publiziert. Der Katalog der Ausstellung Théâtre des dessins in Barcelona 2010 dokumentiert die Performance mit Fotos und Abbildungen. 2023 erscheint unter dem Titel La Clef des langues [dt. Der Schlüssel der Namen] eine 507-seitige Druckfassung mit 663 Zeichnungen sowie allen Namensaufzählungen aus Novarinas Werken, gefolgt von 500 zitierten Gottesdefinitionen. Die letzte Seite zeigt ein Foto der Zeichenperformance im runden Turmsaal in La Rochelle. – Leopold von Verschuer
Literatur / Quellen:
- Novarina, Valère: Le Drame de la vie, Paris: P.O.L. 1984
- Novarina, Valère: 100/2587, einhundert Zeichnungen, Paris/Dijon: Beba/Le Consortium 1986
- Novarina, Valère: Théâtre de dessins: 2587 personnages et 311 définitions de Dieu, Barcelona: Eumo Editorial / Arts santa Mònica 2010
- Novarina, Valère: La Clef des langues, Paris: P.O.L. 2023
Weblinks:
1968 – Ali Mitgutsch, Rundherum in meiner Stadt

Pionierwerk des aus München stammenden Kinderbuchautors, das als erstes Wimmelbuch im deutschsprachigen Raum gilt. 1969 erhält Mitgutsch für Rundherum in meiner Stadt den Deutschen Jugendbuchpreis. In seinen Wimmelbüchern werden häufig Themenkomplexe wie Dorf, Stadt, Land, Wasser und Arbeitswelt abgebildet, wodurch sie starke Alltagsnähe aufweisen. Oft betonen schon die Buchtitel den Suchbildcharakter, indem sie zum Mitmachen auffordern, wie etwa: Komm mit ans Wasser (1971). Zudem zeichnen Mitgutschs Bilderbücher sich durch ihre kleinteiligen Sachbeschreibungen aus. Indem sie den Blick auf Funktionszusammenhänge lenken, fördern sie die Beobachtungsgabe der jungen Leser (vgl. Kaminski, Bilderwelt, S. 320). Aus pädagogischer Sicht ermöglichen Mitgutschs Inszenierungen vielfältiger Alltagsszenen den Betrachtenden, Neues über ihre Umwelt zu lernen, wobei sie durch den Blick auf das Geschehen aus der Vogelperspektive zugleich immer den Überblick über die zahlreichen Details im Bild behalten. Durch die Tatsache, dass alle Figuren – egal, ob sie sich im Vordergrund oder im Hintergrund befinden – gleich groß sind, stellt der Autor und Zeichner bewusst ihre Funktion als Teil des Ganzen und damit strukturell auch ihre Ebenbürtigkeit heraus. Auf diese Weise erhält der Betrachter einen maximalen Freiraum beim Anschauen des Wimmelbuchs: Jeder kann selbst entscheiden, in welcher Reihenfolge das Bild erschlossen wird und welche Szenen eingehender betrachtet werden (vgl. Nefzer, Fantasie und Sprache, S. 25). – Lena Reuther
Literatur / Quellen:
- Kaminski, Winfred: „Die Bilderwelt der Kinder“. In: Geschichte der deutschen Kinder- und Jugendliteratur, hg. von Reiner Wild, Stuttgart: Metzler 1990, S. 317–323.
- Mitgutsch, Ali: Rundherum in meiner Stadt. Mein Wimmelbuch, , 39. Aufl., Ravensburg: Ravensburger Buchverlag 1992.
- Mitgutsch, Ali: Komm mit ans Wasser. Mein Wimmelbuch, , 40. Aufl., Ravensburg: Ravensburger Buchverlag 1992.
- Nefzer, Ina: „Ich schaffe Bilder, die sich selbst erzählen. Mit Ali Mitgutschs Wimmelbüchern Fantasie und Sprache fördern“. In: Kindergarten heute 40 (2010), H. 8, S. 24–27.
Weblinks:
1967 – IMAX
IMAX wird für die Weltausstellung 1967 in Montreal konzipiert und für die Expo in Osaka 1970 weiterentwickelt. Schnell kann es sich durch Partnerschaften mit Bildungsmuseen und Themenparks einen Platz außerhalb der Weltausstellungen sichern. IMAX zeichnet sich vor allem durch eine überdimensionale Leinwand aus, die eine immersive Filmerfahrung ermöglichen soll. Der erste IMAX-Dome, bei dem die Leinwand das Gesichtsfeld der Zuschauenden vollständig ausfüllt, wird im Jahr 1973 in Toronto eröffnet. Aufgrund der Größe der Leinwand müssen die Filme, die ein Seitenverhältnis von 1,36:1 haben, mit 70-mm-Film realisiert werden. Dabei läuft das Bild horizontal statt vertikal durch spezialisierte Kameras. Ab den 2000er-Jahren wird das Format sukzessive auch für narrative Spielfilme genutzt. Ein Grund ist, dass der Fortschritt in der Digitalisierung seit 2002 erlaubt, prinzipiell jeden Film für IMAX-Kinos zu vergrößern. Heutzutage wird das Format vor allem mit Smart-Hollywood-Blockbustern wie den Filmen Christopher Nolans in Verbindung gebracht. Ein wichtiger Faktor für die Popularisierung der IMAX-Kinos sind Naturdokumentationen, die sogenannten ‚IMAX Earth Films‘ mit ihren typischen Vertikalperspektiven: Blicke von oben durch Luftaufnahmen von Landschaften oder durch Satellitenaufnahmen der Erde. Thematisch wird dabei oft das planetarische Ausmaß der menschengemachten Umweltveränderungen verhandelt und der panoramatische Blick dieser Filme so mit einem ökologischen Problembewusstsein verknüpft. Beispiele für ‚IMAX Earth Films‘ sind Blue Planet (USA 1990, R: B. Burtt) oder A Beautiful Planet (USA 2016, R: T. Myers). – Johannes Noss
Literatur / Quellen:
- De Luca, Tiago: Planetary Cinema: Film, Media and the Earth, Amsterdam: Amsterdam University Press 2022, S. 73–81
1966 – Ed Ruscha, Every Building on the Sunset Strip
Leporello mit Fotografien des Künstlers Ed Ruscha. Das Auflagenobjekt hat in geschlossenem Zustand die Maße 17,8 × 14,3 cm, aufgeschlagen hat es eine Länge von 760,7 cm. Für die Herstellung montiert der Künstler eine Kamera mit Motor auf die Ladefläche eines Pick-up-Trucks und fotografiert auf diese Weise während einer Fahrt jedes einzelne Haus entlang des Sunset Strips in Los Angeles – zuerst auf der einen, dann auf der anderen Straßenseite. Die Fotos klebt er anschließend zusammen, die einzelnen Gebäude werden mit Hausnummern untertitelt. Wenn man das Leporello entfaltet, sieht man die Straßenseiten als zwei Bildstreifen, von denen einer immer auf dem Kopf steht. Mit dem Auge fährt man also zunächst eine Straßenseite ab und dreht dann das gesamte Leporello um für die Betrachtung der anderen Straßenseite. Every Building on the Sunset Strip kann als exemplarisches Objekt für die Verbindung von Panorama und Leporello sowie als Blueprint für Google Street View gelten. Im Leporello kann ein Panoramabild handhabbar gemacht werden, wobei die Kreisform nicht mehr unbedingt mittransportiert oder in einen langen Bildstreifen überführt wird. Insbesondere für panoramatische Stadtansichten bietet sich eine Überführung in das Leporello an. Dass Ruscha für sein Panoramabild viele Einzelaufnahmen zusammenmontiert hat, ist in der Panoramafotografie traditionell keine Besonderheit. – Clara Wörsdörfer
Literatur / Quellen:
- Quick, Jennifer: „Pasteup Pictures. Ed Ruscha’s Every Building on the Sunset Strip“. In: The Art Bulletin 100 (2018), H. 2, S. 125–152