1988 – Stephen Hawking, A Brief History of Time

Um Allgemeinverständlichkeit bemühter kosmologischer Bestseller, der verspricht, die Geschichte des Universums seit dem Urknall zu erhellen. Katalysator für die auf dem Buchmarkt seither prosperierende Mode relativ kurzer Überschau- und Zusammenfassungsdarstellungen mit universums-, universal- und global-historiografischem Anspruch. – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Hawking, Stephen: Die illustrierte kurze Geschichte der Zeit [1988], Reinbek: Rowohlt 2004

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Schlagwörter: Buch, Didaktik, faktual, Gesamtdiagramm, Gesamtprojektion, Idealpanoramatik, Konzept/Idee, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, symbolisch, Text, textuell, unbegrenzte Allheit, Universalchronik, Unterhaltung, Wissenschaft, Zeitensynopse

1987 – Frank White, The Overview Effect

Erstausgabe des Buches, das – komplementär zum Blue-Marble-Foto – in Interviews die astronautische ‚All-Sicht‘ und insbesondere die Blickperspektive zurück auf die Erdkugel exploriert. Programmatisch heißt es im Klappentext (zur 4. Auflage): „More than three decades ago, Frank White coined the term ‚Overview Effect‘ to describe the cognitive shift that results from the experience of viewing the Earth from space and in space, from orbit or on a lunar mission. He found that with great consistency, this experience profoundly affects space travelers’ worldviews, their perceptions of themselves, our planet, and our understanding of the future.“ – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • White, Frank: The Overview Effect. Space Exploration and Human Evolution, Portland: Houghton Mifflin 1987
  • White, Frank: Der Overview-Effekt. Wie die Erfahrung des Weltraums das menschliche Wahrnehmen, Denken und Handeln verändert. Die 1. interdisziplinäre Auswertung von 20 Jahren Weltraumfahrt, München: Goldmann Verlag 1993

Weblinks:

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Schlagwörter: Ästhetik, Buch, Denkmal, Didaktik, Draufblick, faktual, Fernblick, Gesamtprojektion, Inhaltspanoramatik, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Mythos/Religion, Naturpanorama, Panorama-Beschreibung, Panoramaflug, panoramatische Diskursform, Rahmenexpansion, Realpanoramatik, symbolisch, Technik, Text, textuell, Unterhaltung, visuell, Wissenschaft, Zugleichspräsentation

1984 – Niklas Luhmann, Soziale Systeme

Nachdem Hegel noch die Eule der Minerva ausgeschickt hatte, um das Wissen des Wissens einzufangen, vertraut die Postmoderne nicht mehr auf animalischen Beistand. Der Anspruch, eine Theorie bzw. eine Supertheorie der Gesellschaft zu entwerfen, erfordert, glaubt man ihrem Autor Niklas Luhmann, eine „ungewöhnliche […] Abstraktionslage“ und folglich eine Flughöhe, die Eulen einfach nicht erreichen: „Der Flug muß über den Wolken stattfinden, und es ist mit einer ziemlich geschlossenen Wolkendecke zu rechnen. Man muß sich auf die eigenen Instrumente verlassen. Gelegentlich sind Durchblicke nach unten möglich – ein Blick auf Gelände mit Wegen, Siedlungen, Flüssen oder Küstenstreifen, die an Vertrautes erinnern; oder auch ein größeres Stück Landschaft mit den erloschenen Vulkanen des Marxismus. Aber niemand sollte der Illusion zum Opfer fallen, daß diese wenigen Anhaltspunkte genügen, um den Flug zu steuern.“ (Luhmann 1987, S. 12 f.). – Christopher Busch

Literatur / Quellen:

  • Luhmann, Niklas: Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie [1984], Frankfurt am Main: Suhrkamp 1987

Weblinks:

🖙 Wikipedia Systemtheorie

Schlagwörter: Buch, Didaktik, Draufblick, faktual, geordnet, Gesamtdiagramm, Gesamtprojektion, Idealpanoramatik, Inhaltspanoramatik, Konzept/Idee, Laufpräsentation, offen, Organisation, Panoramaflug, symbolisch, Text, textuell, unbegrenzte Allheit, Wissenschaft, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation, Zugriffspräsentation

ca. 1980 – Michel De Certeau, Blick vom World Trade Center

In seiner Kunst des Handelns beschreibt De Certeau den vom World Trade Center aus über New York City schweifenden Blick als Lektüreprozess: „Der Betrachter kann hier in einem Universum lesen, das höchste Lust hervorruft“, nämlich die, „diesen maßlosesten aller menschlichen Texte zu ‚überschauen‘, zu überragen und in Gänze aufzufassen.“ Dabei nehme der Betrachter eine quasi-göttliche, Ikarus-gleiche Position ein, wie sie die Malerei vorweggenommen habe: „Der Wille, die Stadt zu sehen, ist den Möglichkeiten seiner Erfüllung vorausgeeilt. Die Malerei des Mittelalters und der Renaissance zeigte die Stadt aus der Perspektive eines Auges, das es damals noch gar nicht gab. Die Maler erfanden gleichzeitig das Überfliegen der Stadt und den Panoramablick, der dadurch möglich wurde. Bereits diese Fiktion verwandelte den mittelalterlichen Betrachter in ein himmlisches Auge. Sie schuf Götter.“ (De Certeau, Kunst des Handelns, S. 179–182). – Bernd Klöckener

Literatur / Quellen:

  • De Certeau, Michel: Kunst des Handelns, Berlin: Merve 1988
  • Reiffers, Moritz: Das Ganze im Blick, Bielefeld: transcript 2013, S. 9–12
Schlagwörter: Allwahrnehmung, Ästhetik, Bauwerk, Didaktik, Draufblick, Ekphrasis, faktual, Fernblick, Gesamtprojektion, Inhaltspanoramatik, Medialpanoramatik, Mythos/Religion, Panorama-Diskurs, Realpanoramatik, symbolisch, Text, textuell, unbegrenzte Allheit, Utopie/Dystopie, visuell, Wissenschaft, Zugleichspräsentation

1977 – Ludwig Marcuse, Ein Panorama europäischen Geistes

Unter dem Titel Texte aus drei Jahrtausenden kuratiert Ludwig Marcuse (1894–1971) ab 1959 im Bayerischen Rundfunk eine wöchentliche Sendereihe. Auf deren Basis veröffentlicht Gerhard Szczesny sechs Jahre nach dessen Ableben eine dreibändige Textauswahl mit dem neuen Titel Panorama europäischen Geistes (und dem alten Titel als Untertitel), die in chronologischer Reihenfolge auf ca. 1200 Seiten 122 Ausschnitte aus Kerntexten berühmter Figuren der Geistesgeschichte darbietet: Bd 1: Von Diogenes bis Plotin, Bd. 2: Von Augustinus bis Hegel, und Bd. 3: Von Karl Marx bis Thomas Mann. Damit wird der Versuch unternommen, der Leserschaft eine möglichst weitgespannte, aber zugleich begrenzte Vorauswahl der bedeutungsvollsten Schriften und Autoren zu bieten. Der (nirgends näher erläuterte) ‚Panorama‘-Titel beansprucht hier ausdrücklich nicht, eine allumfassende Darstellung des „europäischen Geistes“ zu liefern. Vielmehr soll das Kompendium laut Szczesnys kurzer „Vorbemerkung“ (vgl. Marcuse, Panorama, Bd. 1, S. 9–13) eine niedrigschwellige Möglichkeit zur ersten Lektüre schaffen, die der Leser im Anschluss selbstständig vertiefen kann. Beginnend mit dem Buch Hiob bis hin zu Thomas Manns Bruder Hitler wird jeder Textausschnitt von einer kurzen Kontext/Autor/Werk-Charakteristik aus Marcuses Feder eingeführt. Indem sie dessen universalen Geist ebenso wie seinen grundsätzlichem Pessimismus wiederspiegelt, möchte die Sammlung veranschaulichen, dass die Menschheit sich seit Anbeginn in der Literatur, der Wissenschaft und der Philosophie unentwegt darin versucht, „immer wieder die gleichen letzten, vorletzten und vorvorletzten Fragen zu lösen“ (S. 10).

Darüberhinaus reflektiert Szczesny auch die buchmediale Grenzstellung des Kompendiums zwischen einem zugriffspanoramatischen Zugang frei flanierenden Herumschmökerns einerseits und der im Doppelsinn erschöpfenden, dafür aber die volle Breite und Tiefe ausschöpfenden laufpanoramatischen Gesamterschließung: „Im allgemeinen wird man dem Leser eines so umfangreichen Breviers mit Recht empfehlen, nicht Seite für Seite zu studieren, sondern nach Lust und Laune darin zu blättern. Wer es sich zeitlich leisten kann, sollte die drei Bände aber auch einmal als ganze und in einem Zug zu lesen versuchen. Es wird sich ihm dann eine ebenso spannende wie bewegende Szenerie öffnen. […] Wenn man auf solche Weise einen Teil der aktenkundig gewordenen Geschichte des homo sapiens an sich vorüberziehen lässt, stellen sich zwei Erlebnisse ein: Die Erfahrung der tatsächlich überwältigenden Vielfalt menschlichen Denkens und Trachtens und des Erlebnisses des Eingebettetseins der eigenen, sehr peripheren und verlorenen Existenz in diesen sich in ferner Vergangenheit verlierenden Strom von Menschen und Schicksalen, Träumen und Alpträumen, geglückten und gescheiterten Unternehmungen.“ (Bd. 1, S. 12/13) – Niclas Stahlhofen / Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Marcuse, Ludwig: Ein Panorama europäischen Geistes. Texte aus drei Jahrtausenden, Zürich: Diogenes 1977.
Schlagwörter: Ästhetik, auditiv, Buch, Denkmal, Didaktik, faktual, fiktional, geordnet, Gesamtarchiv, Gesamtkompendium, geschlossen, Hörwerk, Idealpanoramatik, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Mythos/Religion, panoramatische Diskursform, Speicher, symbolisch, Text, textuell, Überbreite, Universalchronik, Unterhaltung, Wissenschaft, Zeitensynopse, Zugriffspräsentation

1977 – Cosmic Zoom in Powers of 10

Der naturwissenschaftsdidaktische Kurzfilm Powers of 10 (USA 1977, R: C. Eames/R. Eames) bewegt sich in einem Zoom bis zu den Enden des Makro- und des Mikrokosmos. Die Kamera blickt von oben auf eine Picknickszene und entfernt sich auf vertikaler Achse in die Höhe. Eine Erzählstimme erklärt, dass das Herauszoomen in Zehnerpotenzen erfolgt (10 m, 100 m, 1000 m, schließlich zehn hoch 24 m). Die aufeinanderfolgenden Bilder führen von den Straßen Chicagos über den Kontinent, die Erde, das Sonnensystem und die Milchstraße bis in die dunkle, leere Weite des Universums. An diesem Wendepunkt angelangt, zoomt der Film rasch zurück an den Ausgangspunkt und beginnt dann in die Haut des Mannes einzutauchen, der auf der Picknickdecke schläft: durch das Gewebe und die Zellen bis zur subatomaren Ebene, wo die virtuelle Kamera die Zoomrichtung erneut ändert und zur Ausgangsszene zurückführt. Da sich der kontinuierliche Zoom über verschiedene ineinanderlaufende Bilder bewegt, ist die dargestellte Welt virtuell und kein realer Raum. So stellt der Film durch sein spielerisches und didaktisches Verfahren für das menschliche Auge unsichtbare Orte dar und ermöglicht eine sukzessiv verlaufende, panoramatische Wahrnehmung der Proportionen des Universums. – Johannes Noss

Literatur / Quellen:

  • Tollmann, Vera: Sicht von oben. „Powers of Ten“ und Bildpolitiken der Vertikalität, Leipzig: Spector Books 2023, S. 59–70

Weblinks:

🖙 YouTube

Schlagwörter: Allwahrnehmung, Animation, Ästhetik, bildvisuell, Didaktik, faktual, Fernblick, Film, geordnet, Gesamtkompendium, Gesamtprojektion, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, mimetisch, Rahmenexpansion, Realpanoramatik, schematisch, Unterhaltung, Wissenschaft

1977 – Magnetresonanztomografie


Magnetfeldbasiertes Bildgebungsverfahren zur Transparentmachung und Erfassung innerkörperlicher Strukturen, das im Unterschied zur Röntgentomografie keine Strahlenbelastung impliziert. Theoretische Grundlegung 1971 durch Paul C. Lauterbur. Die erste MRT-Aufnahme eines menschlichen Körpers gelingt 1977 dem Schotten Raymond Damadian. – Lea-Sophie Dettmann | Johannes Ullmaier

Weblinks:

🖙 Siemens-Homepage zur Entwicklungsgeschichte
🖙 Wikipedia

Schlagwörter: Bild, bildvisuell, Blicktransparenz, Diagramm, faktual, geordnet, Medialpanoramatik, Medientechnik, mimetisch, schematisch, Technik, Überwachung, Wissenschaft, Zeitensynopse, Zugleichspräsentation

1977 – Theory of Everything

In einem Vorlesungsskript des Physikers Harald Fritzsch, der zu dieser Zeit am CERN wirkt, findet sich die erste bekannte Erwähnung des auf eine physikalische Gesamtbeschreibung der Welt zielenden, wenngleich nicht auf eine einzelne ‚Weltformel‘ beschränkten Terminus. Anfangs oft skeptisch-ironisch, später aber immer ernsthafter gebraucht, etabliert sich die all-um- und -begreifende Wortchiffre in der Folge für die ausstehende Symbiose der bislang unvermittelten physikalischen Grundlagentheorien. Seit John Eills’ Verwendung in einem Nature-Artikel 1986 scheint sie sich indes zunehmend auf die Vereinigung von starker und schwacher Wechselwirkung zu verengen und den zuvor dafür gebräuchlichen Ausdruck „Grand Unified Theory“ im populären Gebrauch zu verdrängen. Unter panoramatik-begrifflichem Aspekt ist daran vor allem die fließende kognitive Skalierbarkeit der Wendung auf in der Sache äußerst verschiedene Phänomene, Konzepte und Größendimensionen signifikant. – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Ellis, John: „The Superstring: Theory of Everything, or of Nothing?“. In: Nature 323 (1986), H. 6089, S. 595–598

Weblinks:

🖙 Wikipedia
🖙 Skript von Harald Fritzsch

Schlagwörter: faktual, Gesamtdiagramm, Gesamtkompendium, Gesamtprojektion, Idealpanoramatik, Konzept/Idee, schematisch, symbolisch, Text, textuell, unbegrenzte Allheit, Wissenschaft

1975 – Michel Foucault, Surveiller et punir

In seinem Werk Surveiller et punir. Naissance de la prison (dt. Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses) beschäftigt sich Michel Foucault mit der Historie von europäischen Strafanstalten und stellt dabei die Frage nach den Machtmodellen und -techniken in den Mittelpunkt, die sich durch die neue bürgerliche Gesellschaft etablierten. Diese untersucht er mit Blick auf die Hypothese eines Bruchs von einer Souveränitäts- hin zu einer Disziplinargesellschaft, den er für das 18. Jahrhundert diagnostiziert und vor allem durch die Automatisierung, Entindividualisierung und die Unabhängigkeit von den jeweils Machtausübenden gekennzeichnet sieht, ferner durch eine Anordnung der Körper im Raum, welche die Individuen transparent mache. Indem sie ständiger Sichtbarkeit unterlägen, internalisierten sie das Machtverhältnis derart, dass es zum Prinzip der eigenen Unterwerfung werde. Dies geschehe vor allem im Rahmen disziplinierender Institutionen (Familie, Schule, Gefängnis, Fabrik etc.), die das sie durchlaufende Individuum normalisierten. Phänotypisch ausgeprägt sieht Foucault diese neue Gesellschaftsformation in Benthams Panopticon-Konzept, dessen „Panoptismus“ er ein eigenes Kapitel widmet. Zentral sei dabei die Uneinsehbarkeit der Macht bei gleichzeitiger permanenter Sichtbarkeit der Individuen: „Das Panopticon ist eine Maschine zur Scheidung des Paares Sehen/Gesehenwerden: im Außenring wird man vollständig gesehen, ohne jemals zu sehen; im Zentralturm sieht man alles, ohne je gesehen zu werden.“ (Foucault, Überwachen und Strafen, S. 259). – Nina Cullmann

Literatur / Quellen:

  • Foucault, Michel: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses [1975], Frankfurt am Main: Suhrkamp 2012, S. 251–292

Weblinks:

🖙 Deutschlandfunk Kultur 

Schlagwörter: 360°, Allwahrnehmung, Bauwerk, Blicktransparenz, Buch, Didaktik, faktual, Gesamtprojektion, geschlossen, Idealpanoramatik, Inhaltspanoramatik, Konzept/Idee, Organisation, Panorama-Diskurs, Realpanoramatik, Rundband, Rundbau, Text, textuell, Überwachung, Utopie/Dystopie, Wissenschaft, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1972 – Erdfoto Blue Marble


Vom Astronauten Harrison Smith aus der Apollo 17 am 7. Dezember 1972 aus dem All aufgenommenes Foto der Erde (offizielle Bezeichnung AS17-148-22727). Nicht das erste, aber das wirkungsreichste Realbild der gesamten Erde, ikonisch für deren Einheit, Schönheit, aber auch Fragilität; von der NASA später unter gleichem Namen zu größeren Serien ergänzt. – Luca Angelo Bindi | Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

Schlagwörter: Ästhetik, Bild, bildvisuell, Denkmal, Didaktik, Draufblick, faktual, Fernblick, Foto, Medialpanoramatik, mimetisch, Naturpanorama, Panoramaflug, Realpanoramatik, Technik, visuell, Wissenschaft, Zugleichspräsentation