1881 – Bourbaki-Panorama

Vom Genfer Maler Edouard Castres angefertigtes Panorama-Rundbild, das im gleichnamigen Museum in Luzern ausgestellt wird. Es bildet eine Szene aus dem Deutsch-Französischen Krieg im Jahre 1871 ab und zeigt die ausgelaugte Bourbaki-Armee im Winter dieses Jahres. 87.000 französische Soldaten fanden damals Zuflucht in der Schweiz. Das Gemälde soll an das Elend des Krieges erinnern und zählt zu den europäischen Kulturdenkmälern. – Luca Angelo Bindi

Literatur / Quellen:

  • Oettermann, Stephan: Das Panorama. Die Geschichte eines Massenmediums, Frankfurt am Main: Syndikat 1980, S. 250 f.

Weblinks:

🖙 Virtueller Rundgang Bourbaki Panorama
🖙 Webseite des Museums

Schlagwörter: 360°, Ästhetik, Bauwerk, Bild, bildvisuell, Denkmal, Didaktik, faktual, Fernblick, Gemälde, Gemälderundbau, Gesamtprojektion, geschlossen, Immersion, Medialpanoramatik, mimetisch, Panoramabild, Rundband, Rundbau, Unterhaltung, Wimmelbild, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1873 – Jules Verne Reise um die Erde in 80 Tagen


Realgeschichtlicher Bezugspunkt für Vernes Erfolgsroman ist die Reise des Amerikaners George Francis Train, der 1870 in 80 Tagen die Erde umrundete. Der fiktive Romanheld, der Brite Phileas Fogg, der nicht gern verreist, wettet 1872 in seinem Herrenclub 20.000 Pfund darauf, dass es ihm gelingt, in 80 Tagen einmal um die Erde zu gelangen. Mit seinem Diener Passepartout reist er mithilfe moderner Transportmittel wie Dampfschiff und Eisenbahn, aber auch per Elefant oder zu Fuß. Dabei erlebt er unablässig Abenteuer und Attraktionen, die sich in ihrer rasanten Abfolge wie der Pionierlauf zu einer panorama-touristischen Sightseeing-Weltreise ausnehmen und Affinitäten zu zeitgleichen Moving-Panorama-Shows aufweisen. Spannungsmoment ist der ständige Wettkampf gegen die Zeit und mannigfache Hindernisse. Nach knapp über 80 Tagen erlebter Fahrtdauer erreicht Fogg wieder seinen Londoner Herrenclub – im Glauben, die Wette verloren zu haben. Als Folge der Erdumrundung gen Osten und der daraus resultierenden Zeitverschiebung hat Fogg aber einen Kalendertag und somit auch die Wette gewonnen. – Naemi Dittes | Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Verne, Jules: Reise um die Erde in achtzig Tagen [1873], Zürich: Diogenes 1973

Weblinks:

🖙 Wikipedia

Schlagwörter: Ästhetik, Buch, Didaktik, fiktional, Gesamtprojektion, geschlossen, Kugel, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, mimetisch, Moving Panorama, Organisation, panoramatische Erzählung, Rundband, symbolisch, Technik, Text, textuell, Unterhaltung

1870 – Kaiser-Panorama


Das Kaiser-Panorama, ein Vorführgerät für stereoskopische Diapositive, wird von August Fuhrmann in den 1870er-Jahren populär gemacht. Es ist ein robuster Rundbau aus Holz, konzipiert für jeweils 25 Besucher, die auf Stühlen platziert einen Zyklus von 50 Stereo-Aufnahmen durch Stereo-Okulare betrachten können. Den Betrachtern der fotografischen Bilder bietet sich ein dreidimensionaler, vollplastischer Anblick einer Landschaft, Großstadtszene oder von touristischen Sehenswürdigkeiten. Nach etwa zwanzig Sekunden ertönt ein Glockenzeichen, und mittels eines von einem verborgenen Uhrwerk angetriebenen Drehmechanismus erscheint das nächste Motiv vor den Augen, ohne dass die Besucher ihre Stühle verlassen müssen. Fuhrmann betreibt das Kaiser-Panorama zunächst in Breslau, später kommen Standorte in Frankfurt am Main und Berlin hinzu, schließlich unzählige Filialen, auch von Nachahmern. Anfang der 1930er-Jahre werden die meisten Aktivitäten eingestellt. Das Programm des Kaiser-Panoramas wird als eine Art Weltreise für kleines Geld beworben (siehe Slogans wie: „Die Welt mit der Welt bekannt zu machen“ oder „Hier erhalten wir die beste Übersicht über die interessanten Sehenswürdigkeiten und Naturschönheiten der Erde“). – Clara Wörsdörfer

Literatur / Quellen:

  • Berliner Festspiele (Hg.): Berlin um 1900. Das Kaiserpanorama. Bilder aus dem Berlin der Jahrhundertwende (Ausst-Kat.), Berlin: Berliner Festspiele 1984
  • Lorenz, Dieter (Hg.): Das Kaiser-Panorama. Ein Unternehmen des August Fuhrmann, o. O.: o. V. 2010

Weblinks:

🖙 Abbildung eines Kaiser-Panoramas im zugehörigen Wikipedia-Artikel

Schlagwörter: Ästhetik, auditiv, Bauwerk, Bild, bildvisuell, Didaktik, faktual, fiktional, Foto, geschlossen, Immersion, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Medieninstallation, mimetisch, Moving Panorama, Rundband, Rundbau, schematisch, Text, Unterhaltung

1854–1856 – Royal Panopticon of Science and Art

Am Leicester Square in London als Ort für die Präsentation wissenschaftlicher und künstlerischer Neuerungen errichtet, wird das Gebäude, in dessen Zentrum sich eine Rotunde mit einem fast 100 m langen Marmorfries befindet, nach nur zwei Jahren umgebaut und dann als Theater genutzt. – Bernd Klöckener

Literatur / Quellen:

  • White, William: The Illustrated Hand Book of the Royal Panopticon of Science and Art. An Institution for Scientific Exhibitions, and for Promoting Discoveries in Arts and Manufactures, London: John Hotson 1854

Weblinks:

🖙 Digitalisat
🖙 Wikipedia

Schlagwörter: 360°, Ästhetik, Bauwerk, Bild, bildvisuell, Denkmal, Didaktik, Gesamtprojektion, Medialpanoramatik, mimetisch, Organisation, Panoramabild, Relief, Rundband, Rundbau, schematisch, symbolisch, Wissenschaft, Zugleichspräsentation

1831 – Ludwig Börne im Panorama der Seeschlacht von Navarino

Im sechsunddreißigsten seiner Briefe aus Paris vom 21. Februar 1831 gibt Börne eine detailreiche Eindrucks- und Verlaufsschilderung eines Besuchs im Navarino-Panorama, deren Beginn dessen zeitgenössisches Überwältigungspotenzial bezeugt: „Von welch einem erhabenen Schauspiele kehre ich eben zurück! Und welch eine Stadt ist dieses Paris, wo Götter Markt halten und alltäglich ihre Wunder feilbieten! Ich stand auf dem höchsten Gipfel des menschlichen Geistes und übersah von dort das unermeßliche Land seines Wissens und seiner Kraft. Ich kam bis an die Grenze des menschlichen Gebietes, da wo die Herrschaft der Götter beginnt – ich habe eine Seeschlacht gesehen.“ (Börne, „Briefe aus Paris“, S. 192). Die anschließende Detailschilderung bleibt emphatisch, führt aber in ihrer ekphrastischen Fülle umso eindrücklicher ins Erfahrungssubstrat einer spektakulären, hier einmal rundum gelingenden historischen Panorama-Medien-Schau und -Show. – Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Börne, Ludwig: „Briefe aus Paris“. In: Sämtliche Schriften, hg. von Inge Rippmann und Peter Rippmann, Dreieich: Joseph Melzer 1977

Weblinks:

🖙 Projekt Gutenberg

Schlagwörter: 360°, Animation, Ästhetik, Bauwerk, Bild, bildvisuell, Denkmal, Didaktik, Ekphrasis, Event/Performance, faktual, Gemälde, Gemälderundbau, Immersion, Inhaltspanoramatik, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Medieninstallation, mimetisch, Panorama-Beschreibung, Panoramabild, panoramatische Erzählung, Rundband, Rundbau, symbolisch, Text, textuell, Unterhaltung, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1831 – Jean-Charles Langlois, Seeschlacht von Navarino

In einer eigens neu eröffneten Rotunde (15 m Höhe, 38 m Durchmesser) in der Rue des Marais-du-Temple 14 in Paris präsentiert der ehemalige Offizier und erfolgreiche französische Marinemaler Jean-Charles Langlois dieses (nicht erhaltene) Rundbild. Um den Illusionseffekt zu steigern, lässt sich Langlois eine Neuerung einfallen: Er ersetzt die traditionelle Plattform durch das Achterdeck der Fregatte Scipio, die selbst an dem gezeigten Gefecht teilgenommen hat. Germain Bapst schreibt dazu: „Während der Betrachter früher das Schauspiel isoliert und entfernt aus der Vogelschau sah, versetzte ihn Langlois direkt ins Zentrum des Geschehens.“ (zit. n. Comment, Das Panorama, S. 47). Auch überbrückt Langlois den Graben zwischen Plattform und Bild mit Gegenständen und perfektioniert damit das sogenannte Faux Terrain. Gaslicht und Ventilation werden eingesetzt, um Feuer und Seewind vorzutäuschen. Vor Ort wird ein Programmheft ausgehändigt, in dem die Vorgeschichte und Folgen des gezeigten Moments der Schlacht erläutert sind, angereichert durch Berichte von Zeitzeugen. – Clara Wörsdörfer

Literatur / Quellen:

  • Comment, Bernard: Das Panorama. Geschichte einer vergessenen Kunst, Berlin: Nicolai 2000
  • Geimer, Peter: Die Farben der Vergangenheit. Wie Geschichte zu Bildern wird, München: C. H. Beck 2022, S. 63–65
Schlagwörter: 360°, Animation, Ästhetik, auditiv, Bauwerk, Bild, bildvisuell, Denkmal, Didaktik, Event/Performance, faktual, Gemälde, Gemälderundbau, Gesamtprojektion, geschlossen, haptisch, Immersion, Medialpanoramatik, Medieninstallation, mimetisch, Panoramabild, Rundband, Rundbau, Text, textuell, Unterhaltung, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1825 – Sattler-Panorama


Das ca. 125 qm Bildfläche umfassende Rundgemälde zeigt die Stadt Salzburg samt Umgebung. Johann Michael Sattler fertigt es zwischen 1825 und 1829 auf Anregung von Kaiser Franz I. an und stellt es 1829 erstmals temporär aus. Ab 1875 wird es in einem eigens dafür errichteten Pavillon im Kurgarten von Salzburg installiert, nach dessen Abbruch es seit 2003 ein neues Domizil in einem Hof der neuen Residenz gefunden hat. – Bernd Klöckener

Literatur / Quellen:

  • Oettermann, Stephan: Das Panorama. Die Geschichte eines Massenmediums, Frankfurt am Main: Syndikat 1980, S. 230–234

Weblinks:

🖙 Wikipedia

Schlagwörter: 360°, Ästhetik, Bauwerk, Bild, bildvisuell, Denkmal, faktual, Fernblick, Gemälde, Gemälderundbau, Gesamtprojektion, geschlossen, Immersion, Medialpanoramatik, mimetisch, Panoramabild, Rundband, Rundbau, Unterhaltung, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1822 – Diorama


Prominent eingeführt vom Fotografie-Pionier Louis Daguerre, bildet das Diorama als immersives Erlebnis einen Vortypus des Kinos. In speziell für diesen Zweck erbauten Gebäuden sollen Zuschauende auf einer rotierenden Plattform und mithilfe von Lichttricks eine möglichst glaubhafte Illusion erleben. Tag und Nacht werden durch die Verschiebung bemalter transparenter und opaker Leinentücher sowie eine dynamische Lichtregie nachgeahmt, sodass eine Landschaft im bewegten Tagesablauf erscheint. Gegenüber dem Barker-Panorama hat sich das Streben nach der Illusion eines Vor-Ort-Seins hier schon weitgehend vom Anspruch auf die visio-mimetische Kopie einer existierenden Landschaft gelöst. – Lea Müller | Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Daguerre, Louis-Jacques-Mandé: Historique et description des procédés du daguerréotype et du diorama, Paris: Béthune and Plon for Susse frères and Delloye 1839
  • Oettermann, Stephan: Das Panorama. Die Geschichte eines Massenmediums, Frankfurt am Main: Syndikat 1980, S. 56–67

Weblinks:

🖙 Funktionsweise des Dioramas in Bildern

Schlagwörter: 360°, Animation, Ästhetik, Bauwerk, Bild, bildvisuell, Blicktransparenz, Didaktik, faktual, fiktional, Gemälde, Gemälderundbau, Gesamtprojektion, Immersion, Medialpanoramatik, mimetisch, Panoramabild, Rundband, Rundbau, Unterhaltung, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1814 – Marquard Wocher, Panorama von Thun


Die Beschreibung der Museums-Homepage sagt prägnant das Wesentliche: „Der Basler Künstler Marquard Wocher erschafft 1814 das erste Panorama der Schweiz. Fasziniert vom Berner Oberland entwirft er ein Rundbild von 38 m Lauflänge der Kleinstadt Thun und […] Umgebung, mit Blick bis in die Alpen des Berner Oberlands. Detailreich wirft dieses Bild einen Blick auf das Thuner Alltagsleben vor 200 Jahren und wird mit den unzähligen Geschichten zu einem Wimmelbild für Gross und Klein. Heute [2023] ist das Panorama das älteste Rundbild der Welt und ist ein Depositum der Gottfried Keller-Stiftung.“ Seit 1961 in einem Rundbau im Schadau-Park in Thun beherbergt. – Johannes Ullmaier

Weblinks:

🖙 Thun-Panorama

Schlagwörter: 360°, Ästhetik, Bauwerk, Bild, bildvisuell, Denkmal, Didaktik, faktual, Fernblick, Gemälde, Gemälderundbau, Gesamtprojektion, geschlossen, Immersion, Medialpanoramatik, mimetisch, Naturpanorama, Panoramabild, Rundband, Rundbau, Unterhaltung, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation

1800 – Heinrich von Kleist im Panorama der Stadt Rom

In einem Brief an Wilhelmine von Zenge schildert Kleist seine Eindrücke beim Besuch des ersten deutschen Panoramas, das Johann Adam Breysig im August 1800 auf dem Berliner Gendarmenmarkt präsentiert hat. Es vermittle, so Kleist, allenfalls die „erste Ahndung eines Panoramas“. Seine sarkastisch-ironische Kritik an den technischen Unzulänglichkeiten, die dem angestrebten illusionistischen Effekt entgegenstünden, verbindet Kleist mit Überlegungen, wie sich das in der Idee angelegte Wirkungspotenzial entfalten ließe: „Denn da es nun doch einmal darauf ankommt, den Zuschauer ganz in den Wahn zu setzen, er sei in der offnen Natur, so daß er durch nichts an den Betrug erinnert wird, so müßten ganz andere Anstalten getroffen werden. Keine Form des Gebäudes kann nach meiner Einsicht diesen Zweck erfüllen, als allein die kugelrunde. Man müßte auf dem Gemälde selbst stehen, und nach allen Seiten zu keinen Punkt finden, der nicht Gemälde wäre.“ (Kleist, Sämtliche Werke und Briefe, S. II, 518). Obgleich als Vorkonzeption des Georamas auf eine ganz bestimmte medienhistorische Innovationssituation bezogen, dokumentiert Kleists Reflexion exemplarisch eine allgemeinere, auch auf vorangegangenen und späteren panoramatischen Präsentationsentwicklungsstufen auftretende Spannung zwischen geweckter Immersionserwartung und erwachendem Betrugsverdacht. Dass Kleist mit einer der ab den 1820er-Jahren offerierten Kugelpanorama-Varianten glücklich geworden wäre, steht kaum zu vermuten. – Bernd Klöckener | Johannes Ullmaier

Literatur / Quellen:

  • Kleist, Heinrich von: Sämtliche Werke und Briefe, Bd. 2 Bde., München: Carl Hanser 1961
  • Müller, Gernot: Man müßte auf dem Gemälde selbst stehen. Kleist und die Bildende Kunst, Tübingen/Basel: Francke 1995

Weblinks:

🖙 Text

Schlagwörter: Ästhetik, Bild, bildvisuell, Denkmal, Didaktik, Event/Performance, faktual, Gemälderundbau, Immersion, Inhaltspanoramatik, Konzept/Idee, Kugel, Medialpanoramatik, Medieninstallation, mimetisch, Panorama-Beschreibung, Panorama-Diskurs, Rundband, Rundbau, symbolisch, Technik, Text, textuell, Unterhaltung, Zentralblickpunkt, Zugleichspräsentation