1889 – Alfred Stevens/Henri Gervex, Panorama de l’histoire du siècle

Genau 100 Jahre nach der Französischen Revolution präsentieren Alfred Stevens und Henri Gervex als Attraktion ihr heute nicht mehr erhaltenes Panoramarundbild mit dem Titel Panorama de l’histoire du siècle (Geschichte des Jahrhunderts) auf der Weltausstellung. Über eine Länge von 120 m im Rund präsentiert es 640 Persönlichkeiten, welche die Geschichte Frankreichs seit 1789 geprägt haben. Als imaginäre Stadtgesellschaft positionieren sich die Figuren in Pariser Kulisse, locker zu Gruppen gefügt. Ein Begleitheft liegt aus, mit dem die Figuren identifiziert und auch die historischen Entwicklungen in pointierter Form nachgelesen werden können. Das Panorama ist ungewöhnlich, da es kaum Handlung oder Landschaftsausblick zeigt, sondern eine Versammlung von Porträts historischer Persönlichkeiten, die allerdings mit den Mitteln des Panoramas gleichsam in einen Raum beziehungsweise unter einen gemeinsamen Himmel gebracht werden, als hätten sie sich tatsächlich begegnen können. Trotzdem existieren in dieser Illusion eines Raums verschiedene Zeiten, denn die Personen tragen historisches Kostüm und die Figurengruppen sind im Kreis chronologisch angeordnet. Aufgrund der Rundform mussten die Künstler das Problem lösen, dass es eine Stelle im Bild gibt, an welcher Beginn (1789) und Gegenwart (1889) sich treffen – in dieser Zone platzieren sie „als Bindestrich zwischen den Jahrhunderten“ den Dichter Victor Hugo, einsam an den steinernen Sockel einer Allegorie Frankreichs gelehnt. – Clara Wörsdörfer

Literatur / Quellen:

  • Geimer, Peter: Die Farben der Vergangenheit. Wie Geschichte zu Bildern wird, München: C. H. Beck 2022

Weblinks:

🖙 Wikipedia

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