Wie im Titel angedeutet, beginnt der Künstler Roman Opalka (1931–2011) sein Lebenskunstwerk (oft auch: 1965/1-infinity) im Jahr 1965 und führt es konsequent bis an sein Lebensende fort. Im Zentrum steht die Reihe der natürlichen Zahlen, die er fortlaufend mit dem Pinsel in weißer Farbe auf den grauen Hintergrund einer Großleinwand (196×135 cm) aufträgt, bis diese – von ihm als „Detail“ bezeichnet – jeweils voll ist und die nächste an die Reihe kommt. Parallel erstellt er eine Serie von Fotografien, auf denen jeden Tag die fortgeführte Zahlenreihe sowie der Künstler im Selbstportrait dokumentiert wird. Damit ergibt sich eine durchgängige Spur des Fortschreitens sowohl des Werks als auch des Alterns seines Produzenten. Durch allmähliche Aufhellung des grauen Leinwandhintergrundes nimmt der Kontrast der Zahlen zur Auftragsfläche langsam, aber stetig ab. Das Werk wird immer heller, bis sich die Spur – mit dem Tod des Künstlers – ganz ins Weiß verliert. In Opalkas Verfahren, das mit der Zeit medial immer weiter ausgreift und neben Ausstellungen auch Bücher und Tonträger hervorbringt, manifestieren sich die ideale Unendlichkeit (der Zahlenreihe) und die reale Endlichkeit ihrer Repräsentierbarkeit durch einen Menschen (Roman Opalka). Als Tagebuch der Vergänglichkeit und zugleich zeitloses Denkmal bildet es eine singuläre Antwort auf die existentielle Avantgardefrage nach der Vereinigung von Kunst und Leben. – Marie Matheis | Johannes Ullmaier
Literatur / Quellen:
- Opalka, Roman: 1965/1-?, München: Ottenhausen 1980