1927 – Breitwandformat: Polyvision in Abel Gance’ Napoléon


Um einen epischen Biopic-Film über Napoleon Bonaparte zu inszenieren, verwendet Regisseur Abel Gance für seinen Film Napoléon (Napoleon, FRA) ein Dreifach-Projektionsverfahren (Polyvision). Die Filmpremiere findet am 7. April in der Pariser Opéra Garnier statt, wobei jedoch noch nicht die endgültige Version vorgeführt wird. (Aufgrund des hohen technischen Aufwands wird der Film später auch häufig ohne Mehrfachprojektion gezeigt.) Die Hauptleinwand wird um zwei Nebenleinwände ergänzt, die in der Dreibildsequenz (Triptychon) des Films mit jeweils einem eigenen Projektor bespielt werden. Dazu müssen drei synchrone Kameras zu einem System verkoppelt sein, das der Ingenieur André Debrie entwickelt. Die aufgenommenen Filmbilder können so nebeneinander gereiht werden, dass durch drei synchronisierte Projektoren ein einheitliches Bild entsteht, das dreimal so breit ist wie der Academy Standard von 4:3. Dabei werden die Bilder so synchronisiert, dass sie möglichst nahtlos von einer Leinwand zur nächsten übergehen und den Eindruck eines durchgehenden Panoramas erwecken. Durch die deutlich breitere Bildfläche wird nicht nur die panoramatische Darstellung etwa einer Schlacht des Italienfeldzugs möglich, sondern auch die gleichzeitige Darstellung räumlich getrennter Ereignisse, was an Splitscreens erinnert und multiperspektivisch wirkt. Die experimentelle Kinematografie der Polyvision von Gance stellt einen avantgardistischen technischen und kreativen Vorstoß dar und erweitert die Grenzen des filmischen Bildes. Obwohl sich Polyvision als Format nie etabliert, beeinflusst es viele der folgenden Versuche, mittels überbreiter Seitenverhältnisse eine immersive und panoramatische Filmerfahrung zu erreichen, etwa das Aufnahme- und Projektionsverfahren Cinerama. – Kaim Bozkurt

Literatur / Quellen:

  • Kaplan, Nelly: Napoléon, London: British Film Institute 1994
  • Brownlow, Kevin: Napoleon. Abel Gance’s Classic Film, New York City: Alfred A. Knopf 1983
  • Cuff, Paul: „Presenting the Past: Abel Gance’s Napoléon [1927], from Live Projection to Digital Reproduction“. In: KinéTraces 2 (La Mort des Films), 2017, S. 120–142

Weblinks:

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Schlagwörter: (Aus-)Faltung, Ästhetik, bildvisuell, Denkmal, fiktional, Film, Gesamtprojektion, Großtableau, Immersion, Laufpräsentation, Medialpanoramatik, Medientechnik, mimetisch, Rahmenexpansion, schematisch, Überbreite, Unterhaltung, Zugleichspräsentation