Der Psalm 139 handelt von der Allgegenwärtigkeit und Allsicht Gottes. „HERR, du erforschest mich und kennest mich. 2 Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne. 3 Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege. 4 Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, HERR, nicht alles wüsstest. 5 Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir.“ Als Transzendenz-Pol totaler Panoramatik birgt die –– hier egozentrisch pointierte, aber später in jede Richtung ausdifferenzierte – Idee der Allumfänglichkeit göttlicher All-Gegenwart heikle, doch zugleich produktive Paradoxien bzw. Redundanzen: Gott registriert ‚alles‘ sowohl sinnesmodal von außen („siehst alle meine Wege“) wie von innen („verstehst meine Gedanken“), „von ferne“ wie aus nächster Nähe („umgibst […] mich von allen Seiten“). Die hierin angelegte Spannung zwischen tendenziell panoptischen und tendenziell pantheistischen Zuschreibungen entfaltet sich in der weiteren Geschichte der Gottes-Konzeptionen zu faszinierender Vorstellungs- und Meinungsbreite, die sich, wenngleich zunehmend mittelbar, auch in der Mediengeschichte panoramatischer Registratur- und Präsentationsformen niederschlägt. – Lara Schüler | Johannes Ullmaier
Literatur / Quellen:
- Katholische Bibelanstalt (Hg.): Die Bibel. Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, Freiburg im Breisgau: Herder 2016, Ps 139,1–5